(ots) - Armutszeugnis
Es ist langsam peinlich: Erneut muss das Bundesverfassungsgericht
korrigieren, was die Politik falsch gemacht hat. Diesmal geht es um
Asylbewerber und sogenannte geduldete Ausländer, insgesamt 130 000
Menschen. Zwei Drittel von ihnen leben bis zu sechs Jahre in
Deutschland, unter oftmals unwürdigen Bedingungen.
Kopfschütteln löst vor allem der Umstand aus, dass die Leistungen
für Asylbewerber seit 1993 nicht mehr erhöht worden sind, obwohl die
Preise seither um etwa 30 Prozent gestiegen sind. Es liegt nahe, hier
soziale Kälte und politisches Kalkül zu unterstellen. Das Motto
lautete offensichtlich: Je knapper das Geld bemessen wird, desto
weniger Hilfesuchende streben nach Deutschland. Es ist ein
Armutszeugnis für eines der reichsten Länder der Welt.
Vollends unerträglich wird die aktuelle Praxis durch den Vergleich
mit der Alimentierung deutscher Leistungsempfänger. Schon
Hartz-IV-Bezieher sind nicht auf Rosen gebettet, Asylbewerber müssen
mit 40 Prozent weniger Geld auskommen. Das menschenwürdige
Existenzminimum, wie die Verfassungsrichter es in ihrem
Hartz-IV-Urteil definiert haben, sieht anders aus. Man muss deshalb
kein Prophet sein, um ein eindeutiges Urteil aus Karlsruhe
vorherzusagen. Die Regierung zeigt sich zerknirscht. Schade nur, dass
dazu erst wieder ein Verfahren vor dem höchsten Gericht erforderlich
war.
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