(ots) - Bundeskanzlerin fehlt Verständnis für die Rolle
der Märkte, Umsetzung einer Fiskalunion käme aber der Geburtsstunde
der USA gleich / Euro-Krise verschärft sich in zweiter Jahreshälfte
deutlich / Nach Erholung in 2013 kommt bis 2015 die "Stunde der
Wahrheit" / Politik handelt zu sprunghaft / Ökonomen hatten vor
"Missgeburt" Euro gewarnt / EZB zu schwach
John Taylor, Manager des größten Devisen-Hedge-Fonds der Welt, FX
Concepts in New York, hält die Finanzpolitik von Bundeskanzlerin
Angela Merkel für naiv, da ihr das Verständnis für die Bedeutung der
Märkte fehle. "Den Markt kann man nicht fesseln", kritisierte der
Experte die Politik der Bundesregierung im Gespräch mit dem
Anlegermagazin 'Börse Online' (Ausgabe 26/2012). Nichtsdestotrotz
beeindruckt ihn Merkels Wille zur Umsetzung einer europäischen
Fiskalunion und somit zur finanzpolitischen Machtverlagerung nach
Brüssel. "Das wäre der Geburtsstunde der USA gleichzusetzen", so
Taylor weiter.
Mit Blick auf die weltweiten Aktienmärkte und die Euro-Krise geht
Taylor davon aus, dass sich die Lage in der zweiten Jahreshälfte noch
deutlich verschärfen wird. Im Gespräch mit 'Börse Online' sagte er:
"Zwischen Juli und September wird es fürchterlich, sowohl an den
Aktienmärkten wie für den Euro." Taylor prognostiziert, dass der Euro
in diesem Zeitraum möglicherweise bis auf ein Verhältnis von eins zu
eins zum US-Dollar fallen, hingegen der chinesische Yen stark an Wert
zulegen könnte. Zudem sei möglich, dass die Zinsen für
US-Staatsanleihen bis Jahresende auf ein Prozent fallen, wodurch sich
die Rezession zusätzlich verschärfen würde.
Zum Jahresende rechnet Taylor zwar mit einer nachlassenden
Rezession und prognositiziert für 2013 wieder steigende Aktienkurse
und einen fallenden Dollar. Allerdings sieht der Finanzmarkt-Experte
darin nur die Ruhe vor dem Sturm. "2014 und 2015 wird man einen
deutlichen Anstieg der Inflation spüren, und dann kommt die Stunde
der Wahrheit. Alle bis auf die Reichen werden darunter extrem
leiden", so Taylor gegenüber 'Börse Online'.
Für die turbulenten Kursbewegungen auf den weltweiten Finanz- und
Aktienmärkten hat auch John Taylor keine logische Erklärung mehr.
Eine wesentliche Ursache dafür sieht er in den sich häufig ändernden
politischen Spielregeln und im wechselhaften Vorgehen vieler
Regierungen. "Sie greifen so stark in die Märkte ein, dass
analytische Systeme nicht mehr funktionieren", kritisierte der
Fonds-Manager im Gespräch mit 'Börse Online'. "Die meisten wussten,
dass der Euro eine Missgeburt ist, aber sie haben ihn trotzdem
durchgezogen. Alle Ökonomen hatten vor ihm gewarnt." Darüber hinaus
übe die Europäische Zentralbank (EZB) im Vergleich zu den nationalen
Zentralbanken nur einen geringen Einfluss auf die Währungspolitik in
der Euro-Zone aus: "Im Vergleich zu Jean-Claude Trichet ist Draghi
fantastisch, aber als Chef der EZB kontrolliert er nicht sehr viel",
stellte Taylor fest.
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