(ots) - Ägypten hat erstmals in seiner Geschichte einen
frei gewählten Präsidenten. Doch die Freude darüber wird schon durch
die Vorgänge rund um die Wahl des Islamisten Mohammed Mursi getrübt.
Es dauerte fast eine Woche, bis der Militärrat das Ergebnis bekannt
gab - offiziell, um Unregelmäßigkeiten auszuräumen, in Wirklichkeit
aber wohl eher, um den Einfluss des neuen Staatschefs weiter zu
beschneiden. Das Parlament ist für verfassungswidrig erklärt worden,
auch der Oberbefehl über die Armee wurde dem Präsidenten zuvor
aberkannt. Der Militärrat hat die Macht - Demokratie sieht anders
aus. Doch könnte die Wahl Mursis, der in den USA studierte, aber dem
konservativen Flügel der Muslimbruderschaft zugerechnet wird,
immerhin ein erster Schritt zu mehr Demokratie sein. Mit seinem
Gegenkandidaten ist auch das alte Mubarak-Regime gescheitert, und
dies vielleicht endgültig, wenn der neue Präsident die Chance nutzt,
das gespaltene Land hinter sich zu vereinen. Noch stehen sich die
religiösen Kräfte, die Mubarak-Anhänger und die jungen Revolutionäre
vom Tahrir-Platz misstrauisch gegenüber. Doch Mursi braucht sie
letztlich alle. Das lässt immerhin hoffen, dass der Islamismus in
seiner radikalsten Form in Ägypten nicht Fuß fassen kann.
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