(ots) - Das Deutsche Institut für Menschenrechte begrüßt
die Ratifikation der Europaratskonvention gegen Menschenhandel. "Die
Ratifikation war überfällig", so Heike Rabe, Leiterin des Projektes
"Zwangsarbeit heute" im Deutschen Institut für Menschenrechte (DIMR)
anlässlich des Bundestagsbeschlusses zur Ratifikation am 28. Juni.
"Wir kritisieren allerdings, dass die Umsetzung der Konvention in
nationales Recht nicht im erforderlichen Umfang erfolgt ist", so Rabe
weiter. Die Konvention sehe zwingend vor, dass minderjährige Opfer
von Menschenhandel ein Aufenthaltsrecht in Deutschland bekommen
müssen, wenn das Kindeswohl dies erfordert. Dies sei nach derzeitiger
Gesetzlage nicht der Fall.
Darüber hinaus fordert das DIMR die Änderung des Aufenthaltsrechts
für alle Opfer. "Menschen, die in Deutschland Opfer von
Menschenhandel und schwerer Arbeitsausbeutung geworden sind, müssen
zumindest solange in Deutschland bleiben dürfen, bis sie ihre eigene
Rechte auf Lohn und Schadenersatz einklagen konnten. Das
Aufenthaltsrecht darf nicht an eine Bedingung geknüpft werden",
fordert Rabe.
Es sei bedauerlich, dass der Bundestag entgegen der Auffassung
aller Sachverständigen in Bundestagsanhörungen keinen zwingenden
Änderungsbedarf im nationalen Recht gesehen und die
menschenrechtlichen Vorgaben der Konvention nicht umgesetzt habe, so
Rabe.
Auch der jüngst erschienene weltweit vergleichenden Bericht der
US-Regierung - "Trafficking in Persons Report 2012" - über die
Bekämpfung des Menschenhandels, empfehle Deutschland, das
Aufenthaltsrecht der Opfer von Menschenhandel von ihrer Zeugenaussage
zu entkoppeln.
Gestern hatte der Bundestag das Gesetz zur Ratifikation der
Europaratskonvention gegen Menschenhandel beschlossen. Das
Ratifikationsverfahren hat sieben Jahre gedauert. Deutschland gehört
zu den letzten Ländern in Europa, die die Konvention in nationales
Recht überführen.
Die Europaratskonvention zur Bekämpfung des Menschenhandels ist
der erste rechtsverbindliche Vertrag auf europäischer Ebene, der den
Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung und zur Arbeitsausbeutung
ausdrücklich in einen menschenrechtlichen Kontext stellt und die
Mitgliedstaaten zu umfassenden Maßnahmen zur Prävention von
Menschenhandel, der Strafverfolgung der Täter und dem Schutz der
Opfer verpflichtet.
Nach dem derzeitigen Aufenthaltsrecht erhalten Opfern von
Menschenhandel nur dann eine Aufenthaltserlaubnis, wenn sie in einem
Strafverfahren gegen die Täter aussagen. Dies ist für viele
Betroffene aber aus verschiedenen Gründen nicht möglich. Zum Teil
können die Täter gar nicht ermittelt werden oder die Opfer wollen aus
Angst vor den Tätern nicht aussagen. Dann müssen sie unmittelbar
ausreisen.
Menschenhandel bedeutet, dass Frauen, Männer und Kinder in derart
ihrer Handlungsfähigkeit beschränkt werden, dass sie nicht mehr
selbstbestimmt darüber entscheiden können, wie oder wo sie ihre
Arbeitskraft einsetzen und dass sie wirtschaftlich massiv ausgebeutet
werden. Fälle von Menschenhandel in Deutschland finden sich
mittlerweile in verschiedenen Wirtschaftszweigen, wie in der
Sexindustrie, in Haushalten oder der Landwirtschaft.
Stellungnahme des Deutschen Instituts für Menschenrechte für das
öffentliche Fachgespräch "Europaratsübereinkommen zur Bekämpfung des
Menschenhandels" - 19. März 2012
http://ots.de/5hYKt
Deutschlandteil des "The Trafficking in Persons (TIP) Report" der
USA
http://ots.de/xskhw
Europaratsübereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels (engl.)
http://ots.de/qjKY3
Das Projekt "Zwangsarbeit heute - Betroffene von Menschenhandel
stärken" wird aus Mitteln der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und
Zukunft" finanziert.
Pressekontakt:
Bettina Hildebrand, Pressesprecherin
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E-Mail: hildebrand(at)institut-fuer-menschenrechte.de