(ots) - Unfertiger Staat
Das Wort "historisch" wird oft strapaziert. Auch Premier Hashim
Thaci bemüht es, um die jetzt von den USA und der EU beschlossene
vollständige Unabhängigkeit des Kosovo zu feiern. Zum Jubeln gibt es
aber keinen Grund. Sicherlich: Im Vergleich zu den Kriegszeiten 1999
ist die Unabhängigkeit ein Fortschritt. Doch de facto wird der
europäische Krisenherd nicht einmal von jedem zweiten UN-Mitglied als
Nation akzeptiert. Russland, die alte Schutzmacht Serbiens, sowie
China und andere Staaten werden ein unabhängiges Kosovo auch weiter
nicht anerkennen. Wirklich "historisch" wäre es, wenn Belgrad alle
Besitzansprüche aufgeben und den Weg zum Frieden ebnen würde. So
bleibt das Kosovo ein unfertiger Staat, der wegen seiner Spannungen
zwischen serbischer Minderheit und albanischer Mehrheit tief
gespalten ist.
Auf dem Papier sind die rund zwei Millionen Einwohner nun
souverän. In Wirklichkeit bleiben sie abhängig von den
Milliardenhilfen aus den USA und der EU, ohne die das bitterarme Land
kollabieren würde. Ebenso unerlässlich ist die Präsenz der
NATO-Friedenstruppe, die mit deutscher Unterstützung für eine gewisse
Stabilität sorgt. Die größte Gefahr für den Kosovo geht jedoch nicht
von Serbien aus, sondern sie kommt aus dem eigenen Land. Die
organisierte Kriminalität im Bereich des Drogen- und Menschenhandels
hat eine Macht erlangt, die keinen Rechtsstaat mehr zulässt.
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: +49(0)541/310 207