Sperrklauseln im Kommunalwahlrecht
(firmenpresse) - Die ?Partei Mensch Umwelt Tierschutz ? Tierschutzpartei? wurde bei der Verteilung der Sitze zu der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) im Bezirk Tempelhof-Schöneberg nicht berücksichtigt, da sie weniger als die erforderlichen 3 Prozent der abgegebenen Stimmen erzielt hat.
Rechtsanwalt Merkle hat im Auftrag für die Partei Ende vergangenen Jahres ein Wahlprüfungsverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin eingeleitet. Ein mit dem Verfahren im Zusammenhang stehender Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde vom Gericht zwar abgelehnt. Daraus können allerdings keine Rückschlüsse auf die endgültige Entscheidung des Verfassungsgerichts gezogen werden, da die Richter insoweit inhaltliche Gesichtspunkte noch nicht geprüft haben.
Die Sperrklausel auf Bezirksebene ist nach überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur verfassungswidrig. Insoweit liegt sowohl ein Verstoß gegen die in der Landesverfassung verankerte Wahlrechtsgleichheit als auch gegen die im Grundgesetz verankerte Chancengleichheit der politischen Parteien vor. Diese Rechtsmeinung wird sowohl vom Bundesverfassungsgericht als auch von den anderen Landesverfassungsgerichten gestützt.
Es ist bemerkenswert, dass außer im Land Berlin nur noch in Hamburg auf Bezirksebene eine derartige Regelung existiert. Für Berlin ist dieser Umstand umso verwunderlicher, da der Verfassungsgerichtshof in Berlin bereits im Jahr 1997 als eines der ersten Gerichte die damals noch bei 5 Prozent liegende Sperrklausel für verfassungswidrig erklärt hat.
Ursprünglich sollte die Klausel daraufhin auch ersatzlos gestrichen werden. Kurz vor Verabschiedung des Gesetzes im Abgeordnetenhaus im Jahr 1998 haben die Fraktionen von SPD und CDU dann aber kurzfristig einen Antrag eingebracht, der ? ungeachtet des Urteils des Verfassungsgerichtshofs ? eine Sperrklausel von 3 Prozent für die Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen vorsah.
Diese Regelung dient letztlich dem Machterhalt der etablierten Parteien, auch wenn in der Gesetzesbegründung vordergründig mit der Funktionsfähigkeit der BVVs argumentiert wird. Dies lässt sich aber weder empirisch belegen noch sind entsprechende Beeinträchtigungen aus den anderen Bundesländern ohne Sperrklausel erkennbar.
Der Verfassungsgerichtshof von Berlin hat es nun in der Hand, seine bereits im Jahr 1997 deutlich gewordene Rechtsauffassung zu konkretisieren und die Sperrklausel auf Bezirksebene aufzuheben.
Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen VerfGH 155/11 geführt. Nähere informationen finden Sie unter http://rechtsanwalt-merkle.de/startseite/wahlpr%C3%BCfungsverfahren/
Mit einem Urteil in der Sache ist in den nächsten Wochen zu rechnen.
Rechtsanwalt Merkle vertritt und berät Unternehmen, Verbände, öffentliche Einrichtungen, Freiberufler und Privatpersonen umfassend in den Kernbereichen des privaten und öffentlichen Wirtschaftsrechts. Neben der gerichtlichen und außergerichtlichen Tätigkeit ist er dabei dabei auch gutachterlich tätig.
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