(ots) - Verlorenes Vertrauen
Die Ankündigung Boliviens, Coca-Cola Ende des Jahres den Saft
abzudrehen, ist in erster Linie ein Ablenkungsmanöver. Präsident Evo
Morales, dem als Verfechter indigener Rechte der Sprung an die Macht
gelang, versucht auf diese Weise, verlorenes Vertrauen seiner Wähler
wiederaufzubauen.
Die bürgerkriegsähnlichen Zustände im Andenland wegen der von der
Regierung geplanten radikalen Benzinpreiserhöhungen liegen zwar schon
weit über ein Jahr zurück. Doch der sogenannte Gasolinazo hat Wunden
gerissen, die bis heute nicht verheilt sind. Morales, der das
Vorhaben Anfang 2011 schließlich begraben musste, hat damals seinen
Ruf als indigener Vorkämpfer eingebüßt. Denn die Preissteigerungen
von teils 80 Prozent hätten genau diejenigen getroffen, für die sich
Morales zuvor so starkgemacht hatte.
Ob er diesen Vertrauensbruch kitten kann, indem er Coca-Cola aus
dem Land jagt, bleibt sehr fraglich. Erst recht, wenn dadurch
Bolivianer gezwungen wären, zu einem teureren Getränk zu greifen, das
womöglich schlechter schmeckt. Ein Unternehmen als Sinnbild des
Kapitalismus zu verdammen ist auch deshalb unredlich, weil Boliviens
Wirtschaft Teil dieses Systems und immens abhängig von
Rohstoffexporten ist. Gleichwohl: Es schadet kaum, auch mit
westlicher Brille die Augen vor den Auswüchsen des
Raubtier-Kapitalismus nicht zu verschließen.
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