(ots) - Gefühl der Zerrissenheit
Die Mehrheit der Befragten will Teil der deutschen Gesellschaft
sein und gibt gleichzeitig an, am liebsten mit anderen Türken
zusammen zu sein. Allein dieses Ergebnis der Umfrage unter
Deutschtürken zeigt die Zerrissenheit zwischen dem Bemühen
dazuzugehören und dem Suchen nach einer eigenen Identität. Mancher
Kritiker mag nun die drohende Radikalisierung junger Türken in
Deutschland beschwören, weil sich der Studie zufolge 64 Prozent der
unter 30-Jährigen als streng religiös einstufen und zwei Drittel von
ihnen die Koran-Verteilung der Salafisten befürworten. Das wäre eine
fatale Dramatisierung. Gegen diese Lesart steht schließlich, dass ein
großer Teil der angeblich streng Religiösen nicht regelmäßig betet,
und damit eine der Grundpflichten eines Muslims missachtet.
Der Islam ist also eher formelles Bekenntnis als praktizierte
Religion. Er gibt vielmehr jenes Gefühl der Zusammengehörigkeit, das
Deutschtürken in der hiesigen Gesellschaft offenbar nicht erleben,
obwohl ein Viertel der jüngeren Generation eher Deutschland als die
Türkei als empfundene Heimat angibt. Diese Widersprüche zeigen, dass
Integrationswille auf beiden Seiten gefordert ist: von denjenigen,
die sich integrieren müssen, und gleichermaßen von der Gesellschaft,
die von einer kulturellen Bereicherung profitieren kann. Sich im
Alltag mehr für den jeweils anderen zu öffnen wäre ein notwendiger
Schritt.
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