(ots) - Vor der Chinareise von Bundeskanzlerin Angelika
Merkel am Donnerstag (30. August) erinnert Reporter ohne Grenzen an
die zunehmenden Medienrestriktionen in China vor dem anstehenden
Nationalkongress im Oktober. Während der freie Nachrichten- und
Informationsfluss im Internet mit neuen Zensurmaßnahmen eingeschränkt
wird, geraten ausländische Korrespondenten wieder stärker unter
Druck.
Jüngster Zensurversuch ist die Internetblockade nach dem
prominenten Mordprozess gegen die frühere chinesische Anwältin Gu
Kailai (http://bit.ly/SEkkR5). Tagelang waren die Suchanfragen nach
den Namen der Hauptbeteiligten aus dem Internet herausgefiltert
worden. Reporter ohne Grenzen verurteilt dieses Vorgehen zutiefst und
verweist auf das Recht der chinesischen Bürger auf Informations- und
Meinungsfreiheit. Auch nach den Überschwemmungen im Juli ließen die
Pekinger Behörden kritische Kommentare über das Krisenmanagement aus
Online-Medien entfernen und forderten Journalisten auf, nur gute
Nachrichten zu verbreiten (http://bit.ly/MpcwkF).
Mit neuen Regelungen versuchten die Behörden bereits im Frühjahr
das Internet intensiver zu kontrollieren. Unter dem Vorwand, junge
Menschen vor vulgären Inhalten zu schützen, ordnete die Zensurbehörde
Anfang Juli an, dass Anbieter von Onlinevideos ihr Material vor der
Veröffentlichung von einer staatlichen Stelle sichten lassen müssen.
Im Mai führte der Microblog-Dienst Sina Weibo, ein chinesisches
Twitter-Pendant, auf Druck der Regierung ein Punktesystem ein, das
die Verbreitung von sogenannten 'Falschinformationen' mit
Punktabzügen bestraft. Rutscht ein Nutzer unter ein bestimmtes
Punkteniveau, so wird sein Account gelöscht. Verhält sich der Nutzer
hingegen regimefreundlich, so kann er Bonuspunkte
sammeln(http://bit.ly/K8RM2Y). Vor dem Hintergrund der staatlichen
Kontrolle bilden sich immer wieder Gegenbewegungen, die kreative
Möglichkeiten finden, die Internetzensur zu umgehen
(http://bit.ly/OYURzH).
Mit Sorge beobachtet Reporter ohne Grenzen zudem die Situation
ausländischer Korrespondenten in China. Sie werden durch Angriffe,
gezielte Einschüchterungsversuche und Visumverweigerung zunehmend
unter Druck gesetzt. Vor zwei Wochen wurde ein deutsches Kamerateam
der ARD während der Dreharbeiten über Umweltverschmutzung von
Fabrikarbeitern angegriffen und für mehrere Stunden festgehalten.
Anfang Mai hat die chinesische Regierung zum ersten Mal seit 14
Jahren eine ausländische Journalistin, die US-amerikanische
Korrespondentin Melissa Chan des Senders Al Jazeera, des Landes
verwiesen. Der Sender selbst musste sein Büro in China schließen
(http://bit.ly/KfU8cE). Die Behörden warfen Chan vor, im Zusammenhang
mit einer Dokumentation über Arbeitslager gegen chinesische Regeln
verstoßen zu haben. Vor wenigen Tagen appellierten 26 deutsche
Chinakorrespondenten in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela
Merkel, sich bei ihrem Besuch in China für bessere Arbeitsbedingungen
einzusetzen (http://bit.ly/PlQ3Ez). Reporter ohne Grenzen unterstützt
diese Forderung mit Nachdruck: "Bundeskanzlerin Merkel darf die
Politik nicht den Wirtschaftsinteressen unterordnen. Wir fordern,
dass die systematische Unterdrückung der Medienfreiheit von der
Bundeskanzlerin auch bei diesem China-Besuch deutlich und offen
angesprochen wird." so die Organisation.
Reporter ohne Grenzen zählt den chinesischen Staat zu den größten
Feinden des Internets weltweit (http://bit.ly/wgRZvp). Auf der
jährlichen ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht China unter den
repressivsten Staaten auf Platz 174 von 179.
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Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska
Pressearbeit
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