(ots) - Pressemitteilung
Deutsche Umwelthilfe und Arbeitsring Lärm kritisieren Eintreten
der deutschen Bundesregierung für mehr Lärm im Straßenverkehr -
Lärmschutzgrenzwerte sollen für hochmotorisierte Fahrzeuge um bis zu
fünf Dezibel angehoben werden - Der Vorstoß unterläuft die Pläne der
EU Kommission sowie die eigene, nationale Zielsetzung und ignoriert
den Bundesratsbeschluss zur Senkung der Lärmbelastung -
Bundesregierung einmal mehr in der Rolle der Erfüllungsgehilfin der
deutschen Automobilindustrie
Berlin, 6. September 2012: Der Arbeitsring Lärm (ALD) der
Deutschen Gesellschaft für Akustik (DEGA) und die Deutsche
Umwelthilfe e. V. (DUH) werfen der deutschen Bundesregierung vor, das
derzeitige Verfahren zur Senkung des Straßenverkehrslärms zugunsten
der deutschen Automobilindustrie zu missbrauchen. Aus Sicht der
beiden Organisationen gefährdet der Plan der Regierung die Gesundheit
tausender Bürgerinnen und Bürger, indem er vor allem hoch
motorisierten und lauten Fahrzeugen ein Lärmprivileg einräumt.
Gleichzeitig sieht er bei anderen Fahrzeugen lediglich einen
Grenzwert für die Lärmentwicklung vor, den heute bereits viele
deutsche Pkw erfüllen. ALD und DUH fordern die Regierung auf, ihren
Vorstoß zurückzuziehen und stattdessen den EU-Vorschlag im Sinne des
Gesundheitsschutzes zu unterstützen.
"Die deutsche Regierung exekutiert in Brüssel einmal mehr die
immer absurderen Forderungen der deutschen Automobilindustrie", sagt
Jürgen Resch, Bundesgeschäfts¬führer der DUH. "Die derzeitigen
Lärmgrenzwerte sind viel zu hoch, ermöglichen den Bau von
Supersportwagen mit bis zu 1.200 PS und führen zu massiven
Gesundheitsschäden. Jetzt auch noch für die besonders
klimaschädlichen Sportwagen ein zusätzliches Lärmprivileg von bis zu
fünf Dezibel einzufordern, ist zynisch und zeigt, wem sich diese
Bundesregierung verpflichtet fühlt. Den Bezug zur Realität hat diese
Regierung vollkommen verloren."
Die EU-Kommission hat nach jahrelangen Verzögerungen im September
2011 ihre überarbeiteten Pläne zur Minderung der
gesundheitsschädlichen Lärmbelastung durch Fahrzeuge vorgestellt. Der
Kommissionsvorschlag sieht über einen Zeitraum von fünf Jahren nach
Inkrafttreten eine Lärmreduzierung für Pkw in zwei Stufen vor. Bis
voraussichtlich 2013/14 muss die Geräuschentwicklung um zwei Dezibel
gesenkt werden, drei Jahre später noch einmal um zwei weitere
Dezibel. Die DUH hatte diesen Plan bereits 2011 als nicht ehrgeizig
genug bewertet und höhere Reduktionsraten gefordert.
Aus Sicht der DUH, schwächt die deutsche Bundesregierung mit ihrer
Forderung den wenig ambitionierten Vorschlag der Kommission weiter ab
und setzt sich für einen deutlich niedrigeren Grenzwert für den
Fahrzeuglärm ein. Weil der Vorstoß für alle Fahrzeuge mit einem
spezifischen Leistungsgewicht über 120 kW/t zusätzliche zwei Dezibel
und für Fahrzeuge über 160 kW/t sogar fünf Dezibel vorsieht, bietet
er den Autobauern die Möglichkeit, besonders leistungsstarke
Sportwagen deutlich lauter als bisher auf die Straße zu bringen. In
der Konsequenz würden beispielsweise bestimmte Sportwagen des
deutschen Herstellers Porsche einen Lärmbonus von zwei
beziehungsweise fünf Dezibel erhalten. Hochmotorige Fahrzeuge sind
neben Lkw aufgrund ihrer Lautstärke besonders für
gesundheitsschädliche Schlafstörung verantwortlich.
"Der deutsche Entwurf läuft faktisch auf eine Erhöhung des
geltenden Grenzwerts für die Lärmbelastung durch einzelne Fahrzeuge
hinaus", erklärt Bernd Lehming, stellvertretender Vorsitzender des
ALD. "Im Vergleich zu den Ergebnissen der Folgekostenabschätzung der
EU-Kommission sieht er einen um bis zu fünf Dezibel höheren Grenzwert
vor." Dorothee Saar, Leiterin Verkehr und Luftreinhaltung der DUH
ergänzt: "Der Plan der Bundesregierung steht in klarem Widerspruch
zum selbst auferlegten Lärmreduktionsziel, wie es das nationale
Verkehrslärmschutzpaket II des Bundesverkehrsministeriums aus dem
Jahr 2009 vorsieht." Dieses plant, die verkehrsbedingte
Geräuschentwicklung bis 2020 um 30 Prozent zu senken. "Um dieses Ziel
einhalten zu können, müssten die Lärmemissionen von Fahrzeugen um
fünf Dezibel gesenkt werden."
Der deutsche Vorschlag widerspricht zudem dem Votum der
Bundesländer, die sich im Februar 2012 in einem Bundesratsbeschluss
für ambitionierte Grenzwertsetzung für alle Pkw und Lkw ausgesprochen
hatten. Gleichzeitig geht er zulasten von knapp 13 Millionen
Bürgerinnen und Bürgern, die allein in Deutschland in ihrem
Wohnumfeld von gesundheitsschädlichem Lärm betroffen sind. DUH und
ALD fordern die Regierungen Europas auf, den Vorschlag der deutschen
Bundesregierung entschieden abzulehnen. Nur so könne dem von den
Interessen der Automobilindustrie bestimmten Versuch, ein
Lärmprivileg für ihre Fahrzeuge auf europäischen Straßen
durchzusetzen, Einhalt geboten werden.
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe e. V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil: 0171 3649170, E-Mail:
resch(at)duh.de
Bernd Lehming, stellvertretender Vorsitzender Arbeitsring Lärm (ALD),
Deutsche Gesellschaft für Akustik (DEGA e.V.), Voltastraße 5, 13355
Berlin, Tel.: 030 4677600, E-Mail: B.Lehming(at)ald-laerm.de
Dorothee Saar, Leiterin Verkehr und Luftreinhaltung Deutsche
Umwelthilfe e. V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil: 0151
16225862, Tel.: 030 240086772, E-Mail: saar(at)duh.de
Daniel Eckold, Pressesprecher Deutsche Umwelthilfe e. V., Hackescher
Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 0302400867-22, Mobil: 0151 55017009,
E-Mail: eckold(at)duh.de