(ots) - Libyen, Ägypten, Tunesien, Gaza, Jemen, Iran - in
der islamischen Welt droht erneut ein Flächenbrand. Diesmal ist ein
dubioser Film der Auslöser, in dem ein Amerikaner unheiligen Schund
produziert hat. Nun stehen ungewisse Tage des Zorns bevor, in denen
radikale Minderheiten in der muslimischen Welt leicht entflammbare
Völker und Glaubensrichtungen in Geiselhaft nehmen wollen. Einmal
mehr sind es synchron gesteuerte Emotionen, die zu blinder Gewalt
und, im Falle des US-Botschafters in Libyen, sogar zum Tod führen.
Noch sind nicht alle Hintergründe der Stürmung des US-Konsulates in
Bengasi ausgeleuchtet. Die These, dass es kein aufgewühlter Mob war,
der die Propheten-Schmähung eines Hetzers aus Kalifornien rächen
wollte, sondern ein durchdacht vorgehender Kämpfer-Verbund aus dem
Dunstkreis von El Kaida, klingt trotzdem plausibel. Islamistische
Extremisten, nicht nur in Libyen, müssen sich als Verlierer des
"Arabischen Frühlings" fühlen. Sie sind meist parlamentarisch
abgemeldet. Was liegt aus ihrer Sicht näher, als gegen wacklige
Übergangs-Regierungen den Volkszorn zu schüren und demokratisch
ungefestigte Gesellschaften mit den alten, wirkungsvollen Ritualen zu
überziehen? Immer gegen den Stellvertreter-Erzfeind Amerika. Die
Gewalt trifft Washington in einer besonders verwundbaren Situation.
Es ist Wahlkampf. Da springen verantwortungslose Politiker auf jeden
fahrenden Zug, um Wählerstimmen abzugreifen. Dass es ausgerechnet der
republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney ist, der sich
hier unrühmlich hervortut und mit verstiegenen Anschuldigungen und
glatten Lügen Honig aus der Tragödie saugen will, ist mehr als
betrüblich. Gegen die Maßlosigkeit der Wut und der scheinheilig
frommen Hysterie, die sich in der islamischen Welt auftun könnte,
hilft nur kühle Analyse und eine systematische Stärkung der
demokratischen Kräfte in der islamischen Welt. Alles andere wird den
Sog der Brandstifter so groß werden lassen, dass auch besonnene
Muslime in ihren Bann geraten könnten.
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