(ots) - Im Konflikt mit der Geschichte
Gestern Karl-Marx-Stadt, heute Chemnitz, gerade noch Hindenburg-,
dann Schlossplatz: Der Streit um die Namen von Straßen oder Städten
zieht sich durch die Geschichte. Dabei sagt dies etwas ganz anderes
aus, als dass ein politisch korrekteres Bewusstsein wachsen würde,
wonach eine Örtlichkeit nicht mehr nach umstrittenen Personen benannt
sein darf: einem Wegbereiter des Kommunismus etwa oder einem
Steigbügelhalter von Diktatoren, oder worum immer es bei den
jeweiligen Bedenken gerade geht.
Vielmehr lehrt der stete Wandel, vor jeglichem Heldenkult
zurückzuschrecken, auch und gerade in der Gegenwart. Die
Regelmäßigkeit neuer Namen macht klar, wie schnell und stark sich
Geschichte wandelt und mit ihr der Kanon der Maßstäbe. Was eben als
heldenhaft gerühmt wurde, mag kurz darauf Mord sein. Was gerade kühne
Pioniertat war, ist plötzlich Ausbeutung. Dies gilt auch allgemein
und für die Zukunft. Denn, wer weiß: Was heute vorbildliche
Gesundheitspolitik ist, mag einmal als menschenverachtende Selektion
bewertet werden oder, umgekehrt, als eine groteske Enteignung per
Zwangsversicherung. Jede Generation lebt in dem arroganten Glauben,
sich "normal" zu verhalten und besser, gerechter und klüger zu sein
als die zuvor, so lange jedenfalls, bis der Wandel kommt. Und mit ihm
rasch ein neuer Name.
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