(ots) - Alle in einem Boot
Wieder mal stille NSU-Post in Berlin. Keiner hat's gewusst und es
niemandem erzählt, am Ende aber waren doch alle informiert. Im
neuesten Akt des Berliner Aufklärungstheaters gebührte die Rolle des
Angeklagten gestern dem zerknirschten Innensenator Frank Henkel. Zu
Recht: Durch sein Schweigen hat der CDU-Politiker die Aufklärung der
rechtsextremistischen Verbrechen erheblich verzögert. Aber das Fatale
ist: Man kann Henkels Verhalten nachvollziehen, wenn man sich die
unselige V-Mann-Praxis vor Augen führt.
Das System beruht einzig und allein auf Vertuschung. Wichtig ist,
an Informationen quasi aus dem Wohnzimmer der rechten Szene zu
kommen. Von innen aushöhlen, lautet die Devise. Der Staat deckt die
Spionagearbeit angeworbener Neonazis - und deckelt die Skandale, die
fast immer mit dieser Arbeit einhergehen. Denn das haben die
grausamen Taten des NSU gezeigt: Gewalttätig und kriminell geht es in
der Neonazi-Szene definitiv zu. Und über die V-Männer ist der Staat
daran beteiligt. Eine verheerende Verquickung.
Den Fall Thomas S., ein V-Mann mit Verbindung zum NSU,
verantwortet letztlich Innensenator Henkel. Der beruft sich eilig auf
Quellenschutz und schiebt einen Teil der Verantwortung der
Bundesanwaltschaft zu. Er will noch andere mit ins Boot holen.
Tatsächlich nützt es nichts, wenn nur Einzelne den Kopf hinhalten.
Der Fehler steckt im System.
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