(ots) - A.T. Kearney veröffentlicht Studie "Chemical
Industry Vision 2030: A European Perspective"
Bis 2030 wird die weltweite Chemieindustrie um durchschnittlich 3
Prozent im Jahr wachsen, getrieben vor allem durch die großen
Unternehmen in Asien und im Nahen Osten. Aufgrund ihres Heimvorteils
werden die Marktteilnehmer aus diesen Regionen bis 2030 zwei Drittel
des weltweiten Umsatzes auf sich vereinen. Dann wird mindestens die
Hälfte der 10 weltweit größten Chemieunternehmen aus Asien oder dem
Nahen Osten stammen. Mit durchschnittlich einem Prozent jährlich wird
das Produktionswachstum in den 27 EU-Staaten moderat ausfallen und
kann in Kombination mit anhaltenden Produktivitätssteigerungen einen
signifikanten Rückgang der Beschäftigung nach sich ziehen, falls
nicht weitere Innovationen zu zusätzlichem Geschäft führen. Zu diesem
Ergebnis kommt die Studie "Chemical Industry Vision 2030" der
Unternehmensberatung A.T. Kearney. Um sich im Markt zu behaupten,
kommt es für europäische Chemieunternehmen darauf an, sich
schnellstmöglich auf diese Veränderungen einzustellen. Im Einzelnen
gilt es für sie, ihre heimischen Märkte zu verteidigen,
Wachstumsplattformen zu entwickeln und stärker am Wachstum in Asien
teilzuhaben, um im Wettbewerb zu bestehen.
Die europäische Chemieindustrie steht vor großen
Herausforderungen. Durch das enorme Wirtschaftswachstum in Asien
verschieben sich die Lieferketten zunehmend in Richtung Osten.
Außerdem verändert sich die Wettbewerbslandschaft, staatlich
kontrollierte Marktteilnehmer und aufstrebenden Chemieriesen
entstehen. Zunehmende wirtschaftliche Volatilität schließlich setzt
die Branche zusätzlich unter Druck.
Seit Mitte der achtziger Jahre ist die weltweite Chemieindustrie
um jährlich 7 Prozent gewachsen und erreichte 2010 ein Volumen von
2,4 Billionen Euro. Der größte Teil des Wachstums entstand in den
letzten 25 Jahren in Asien. 2010 wurde dort nahezu die Hälfte des
weltweiten Umsatzes getätigt. Auf Europa entfielen 25 Prozent, auf
die NAFTA-Region 19 Prozent.
2030: Zwei Drittel des Marktes in asiatischer Hand
Bis 2030 wird die weltweite Chemieindustrie um durchschnittlich 3
Prozent im Jahr wachsen, getrieben vor allem durch die großen Player
in Asien und im Nahen Osten. Aufgrund ihres Heimvorteils werden die
Marktteilnehmer aus diesen Regionen bis 2030 zwei Drittel des
weltweiten Umsatzes auf sich vereinen. Auf Europa werden dann nur
noch 15 Prozent des weltweiten Marktvolumens von 4,6 Billionen Euro
entfallen, auf die NAFTA-Region 12 Prozent.
Dr. Otto Schulz, Partner in der Chemie und Öl Practice von A.T.
Kearney erläutert: "Das Wachstum in Asien und Nahost ist trotz der
gegenwärtigen Schwierigkeiten in China einer der wichtigsten
volkswirtschaftlichen Trends überhaupt. Die steigende Kaufkraft der
fast vier Milliarden Menschen, die dort leben, treibt auch die
Nachfrage nach Chemieprodukten an. Wichtige Kundenmärkte wie die
Automobilbranche, der Bausektor oder die Landwirtschaft wachsen mit
überdurchschnittlich hoher Geschwindigkeit. Wir rechnen damit, dass
2030 mindestens die Hälfte der 10 weltweit größten Chemieunternehmen
aus Asien oder dem Nahen Osten stammen wird. Statt wie bisher vier
Unternehmen wird Europa dann nur noch zwei bis drei Firmen der
Top-Ten-Liste stellen."
Asiatische Marktteilnehmer haben bereits in der Vergangenheit vom
stärkeren Wirtschaftswachstum profitiert. Dies wird auch anhand der
Fortune 500-Liste der 500 umsatzstärksten Unternehmen weltweit
deutlich. Dr. Joachim von Hoyningen-Huene, Principal in der Chemie
und Öl Practice von A.T. Kearney erklärt: "Zwischen 2002 und 2011 hat
die Anzahl der Unternehmen aus aufstrebenden Volkswirtschaften mit
einer Wachstumsrate von 19 Prozent zugelegt. Die Anzahl der Firmen
aus entwickelten Ländern hingegen ist rückläufig. Das stellt die
Etablierten vor echte Herausforderungen."
Auch die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten verlagern sich
zunehmend Richtung Osten. Gründe dafür sind sowohl die Nähe zum
Kunden als auch die bessere Verfügbarkeit von Fachkräften. "In der
Automobilindustrie gehen wir davon aus, dass 2017 mehr
F&E-Mitarbeiter in aufstrebenden als in etablierten Volkswirtschaften
eingesetzt werden", so von Hoyningen-Huene.
Moderates Wachstum in Europa
Mit durchschnittlich einem Prozent jährlich wird das Wachstum der
Chemieproduktion in den 27 EU-Staaten moderat ausfallen. Lag das
Produktionsvolumen 2010 bei rund 490 Milliarden Euro, wird es 2030
voraussichtlich 587 Milliarden Euro betragen. Mit durchschnittlich
2,6 Prozent pro Jahr werden die konsumentennahen Chemikalien am
stärksten zulegen und 2030 18 Prozent des Marktes ausmachen. Die
organischen Chemikalien, die den größten Block darstellen, werden um
lediglich einen Prozentpunkt von 50 auf 51 Prozent zulegen. Für
Polymere und anorganische Basischemikalien wird ein Null-Wachstum
erwartet.
Das langsame Wachstum gepaart mit anhaltenden
Produktivitätssteigerungen kann zu einem signifikanten
Beschäftigungsrückgang in der europäischen Chemieindustrie führen,
wenn nicht der Weg in weitere Dienstleistungen oder Innovationen
gefunden werden kann.
Potenzial nach Regionen
Europa ist für europäische Chemieunternehmen weiterhin der
wichtigste und größte Markt. Dort sind sie insgesamt gut aufgestellt.
In den Märkten in Übersee ist ihre Positionierung jedoch oftmals
ausbaufähig; dort liegen erhebliche Wachstumschancen, so ein weiteres
zentrales Ergebnis der Studie.
Schulz fasst die Herausforderungen der einzelnen Regionen
zusammen: "Auf dem eigenen Kontinent genießen europäische Unternehmen
einen deutlichen Heimvorteil. Hier wird der Kundenzugang immer
wichtiger und rangiert von der Bedeutung her teilweise schon vor
klassischen Erfolgsfaktoren wie Produktqualität und Kosten. Außerhalb
Europas haben sie allerdings oftmals einen vergleichsweise
überschaubaren Marktanteil und können ihre Position noch deutlich
ausbauen. Für Unternehmen, die in China aktiv sind, stellt die
Verbesserung der Profitabilität immer noch die größte Herausforderung
dar, auch weil lokale Wettbewerber vielfach von den Behörden stärker
unterstützt werden."
Drei Handlungsempfehlungen für zukünftiges Wachstum
Für europäische Chemieunternehmen kommt es nun darauf an, sich
zügig auf das sich wandelnde Marktumfeld einzustellen. Die Autoren
der Studie haben drei konkrete Handlungsempfehlungen formuliert, um
sich erfolgreich im Markt zu behaupten. Von Hoyningen-Huene erklärt:
"Für europäische Chemieunternehmen gilt es, ihre heimischen Märkte zu
verteidigen, Wachstumsplattformen zu entwickeln und stärker am
Wachstum in Asien teilzuhaben, um im Wettbewerb zu bestehen."
Europäischen Markt verteidigen: Eine der größten Herausforderungen
für europäische Chemieunternehmen ist die Abwanderung wichtiger
Kundenindustrien nach Asien. Sie sollten sich daher auf diejenigen
Wertschöpfungsketten fokussieren, deren Abwanderung eher
unwahrscheinlich ist.
Eine Wachstumsplattform entwickeln: Europäische Chemieunternehmen
sollten bei der Entwicklung innovativer Produkte weiterhin eine
Pionierrolle einnehmen - um dadurch die innovativen Industrien in
Europa mitzugestalten und weiterzuentwickeln. Der Schwerpunkt sollte
dabei auf Erfindungen liegen, die sich an die globalen Megatrends
anlehnen, aus denen letztlich Wachstumsplattformen entstehen. Dazu
gehören etwa alternative Rohstoffe und Energiequellen, eine
verbesserte Energiespeicherung sowie intelligente Materialien.
Am asiatischen Wachstum teilhaben: Keine andere Region der Welt
entwickelt sich so rasant wie Asien. Wachstumsmöglichkeiten für
europäische Chemiekonzerne ergeben sich aus der Entwicklung lokaler
Produkte, der Zusammenarbeit mit Playern aus dem Osten, dem Transfer
von Know-how, der Entwicklung spezifischer lokaler Vertriebsansätze
und aus der Anpassung von Angeboten an lokale Gegebenheiten.
Hoyningen-Huene erklärt: "Wir raten unseren europäischen Kunden,
sich nicht ausschließlich auf China zu fokussieren. Es stimmt zwar,
dass China ein sehr attraktiver Markt ist, es müssen aber zahlreiche
Risiken bedacht werden wie Preissensibilität, steigende
Personalkosten, politische Unsicherheit, mächtige Behörden und
Probleme beim Schutz geistigen Eigentums."
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