(ots) - Man mag sich über die Originalität der Entscheidung
streiten. Der Friedensnobelpreis an die Europäische Union ist
allerdings genau das richtige Zeichen in einer Zeit, in der wir -
geschichtsvergessen wie wir sind - den Wert von Frieden und Freiheit
in Europa kaum noch zu würdigen wissen, und in der wir die
europäische Gemeinschaft in den Tagen ihrer schwersten Krise
leichtfertig infrage stellen. Mutiger wäre es allerdings gewesen,
diesen Preis auch zu personalisieren. Ihn posthum dem französischen
Außenminister Robert Schuman zuzusprechen, der Anfang der 50er Jahre
die Montanunion für Kohle und Stahl erfand, dem Nachkriegskanzler
Konrad Adenauer als Baumeister des europäischen Hauses, Francois
Mitterrand und Helmut Kohl, die leidenschaftlich die Ablösung der
Wirtschaftsgemeinschaft durch die Europäische Union und ihre
Osterweiterung nach dem Fall des eisernen Vorhangs betrieben, dem
französischen Kommissionspräsidenten Jacques Delors, der sich im
Gegensatz zu seinen Nachfolgern als Treiber und nicht als
Erfüllungsgehilfe der europäischen Regierungschefs verstand, oder
auch an Angela Merkel als entschlossener Retterin der europäischen
Währung. Ein lässliches Versäumnis, denn die Entscheidung von gestern
kann in vielerlei Hinsicht segensreich wirken. Sie zeigt uns inmitten
der Euro-Krise unsere Kleingeistigkeit auf, in der wir Europa in
Pleite-Griechen und Bezahl-Deutsche aufteilen. In der wir es
zulassen, dass die größte politische Errungenschaft der
Nachkriegsordnung nur noch als bürokratische Krake wahrgenommen wird.
In der wir sie nicht energisch genug gegen nationalistische
Populisten verteidigen, die die europäische Idee bewusst in den Dreck
ziehen. Der Friedensnobelpreis wirkt aber nicht nur nach innen. Er
mag China und die USA in ihrer Pazifik-Besoffenheit davon überzeugen,
die Europäische Union trotz ihrer aktuellen Krise besser nicht
abzuschreiben. Er mag die Phantasie Nordafrikas oder auch der
südostasiatischen Staaten beflügeln, ihre regionalen Kooperationen
nach diesem Erfolgsmodell zu verstärken. Und er mag vielleicht auch
dazu führen, dass sich Norwegen - das Land der Nobelpreise - doch
noch einmal dazu durchringen wird, der Europäischen Union
beizutreten. Mit der gestrigen Entscheidung dürfen sich alle
überzeugten Europäer endlich wieder zum Träumen, ja besser zum
Kämpfen eingeladen fühlen.
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