(ots) - Kubanische Touristen in Miami, Mexiko oder München?
Bis jetzt war das undenkbar, denn Urlaubsreisen für die Bevölkerung
außerhalb der kommunistischen Karibikinsel sind im Modell Kuba nicht
vorgesehen. Seit aber 2008 mit Raúl Castro der jüngere der beiden
Brüder Präsident ist, ist Bewegung in das System Kuba gekommen. Erst
waren es Handy-Besitz, Hotelbesuche, Auto- und Hauskauf oder die
Erlaubnis, kleine Ich-AGs zu betreiben. Jetzt hat die
Castro-Regierung das heikelste aller Themen angepackt - die
Reisefreiheit. Die überraschende Entscheidung, die bürokratischen
Hürden weitgehend abzuschaffen, ist weniger einer ideologischen
Neubesinnung als einem wirtschaftlichen Kalkül zu schulden. Ein
demokratischer Schub und die Einsicht in alte Fehler sind
unwahrscheinlich. Bleibt das Spekulieren auf einen kalkulierten
Exodus. All diejenigen, die dann gehen und nicht wiederkommen würden,
lägen dem klammen Staat nicht mehr auf der Tasche. Man sollte nicht
vergessen, dass Kuba nur mit der Hilfe befreundeter Staaten wie vor
allem Venezuela, China und dem Iran in der Lage ist, wirtschaftlich
zu überleben. Venezuela schickt jeden Tag 100000 Fass Öl zum
Vorzugspreis nach Kuba. Das Modell DDR vor Augen, stellt sich jetzt
die Frage: Werden die Kubaner die Perspektive Auslandstrip zur Flucht
aus der Heimat nutzen? Es gibt keine eindeutige Antwort. Die
Geschichte zeigt, dass viele Bestandteile für eine Massenflucht
gegeben sind: Frust daheim, gespeist aus Arbeits- oder
Perspektivlosigkeit, wenig Geld, fehlende Freiheiten, Verwandte in
Ãœbersee. Andererseits wissen viele Kubaner, dass die USA und der
Westen langfristig keine Alternative sind. Sie wollen im Grunde ein
Kuba, das ein bisschen ist wie Miami, aber sie wollen auch weiterhin
Bildung und Gesundheit gratis. Zudem bleibt abzuwarten, wie sich die
neuen Freiheiten ab kommendem Jahr gestalten. Nur eine Minderheit von
Kubanern besitzt einen Reisepass. Wie schnell bekommt man das
begehrte Papier? Und wie viel wird es kosten? Kubas Regierung wird
die Kontrolle nicht aus der Hand geben.
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