(ots) - Die Macht der Masse
Kuba gesteht seinen Bürgern endlich das Menschenrecht auf
Reisefreiheit zu - und entlarvt sich einmal mehr als autoritärer
Staat. Eine der letzten sozialistischen Bastionen bröckelt. Gefallen
ist sie noch lange nicht. Bislang durften nur Auserwählte die
Karibikinsel verlassen. Das war keinen Deut besser als einst die DDR.
Umso beachtlicher wirkt die nun angekündigte - zaghafte -
Reisereform. Sie setzt den Weg der Lockerungen durch Präsident Raúl
Castro fort, soll aber sicher auch von Misswirtschaft ablenken.
Devisen von Exil-Kubanern sind vermutlich in Havanna zudem
willkommen.
Zu viel Euphorie ist aber unangebracht. Die Insel in der Hand des
Castro-Clans dürfte kaum derart implodieren wie Ostdeutschland nach
der Maueröffnung. Eine Protestkultur wie in der DDR fehlt. Daran
ändern weder die Dissidenten etwas noch die gerade wieder
freigelassene rebellische Bloggerin Yoáni Sanchez.
Ãœberdies hat Kuba vielen Ausreisewilligen sogleich wieder den Wind
aus den Segeln genommen, indem es "Human-Kapital", also spezielle
Berufsgruppen, von den neuen Bestimmungen ausnimmt. Gleichwohl bleibt
ein gewichtiges Risiko für das Regime: Womöglich beantragt bald eine
große Anzahl Kubaner einen Pass in die Freiheit. Verprellt die
Regierung zu viele von ihnen, steigt der Unmut, der leicht außer
Kontrolle geraten kann. Welche Macht die Masse entfaltet, hat das
Beispiel DDR gezeigt.
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