(ots) - Kosten eines Austritts wären exorbitant hoch /
Ende der Eurozone als Währungsunion birgt große
Konvertibilitätsrisiken / Staatsanleihekäufe in Verbindung mit ESM
geeignet, um Krise kurzfristig einzudämmen / Langfristig muss
politische und Fiskalunion in Europa angestrebt werden / In
Problemländern müssen Zinsen für Volkswirtschaft deutlich sinken /
Geldpolitik der EZB "absolut gerechtfertigt"
Frankfurt, 24. Oktober 2012 - Henrik Enderlein, Professor für
politische Ökonomie an der Hertie School of Governance, hält nichts
von einem Austritt Griechenlands aus dem Euroraum. "Die Kosten für
Griechenland selbst und den Euroraum wären so exorbitant hoch, dass
es fahrlässig wäre, die Griechen aus dem Euro zu entlassen", sagte
der Experte für internationale Wirtschafts- und Finanzbeziehungen im
Interview mit dem Anlegermagazin 'Börse Online' (Ausgabe 44/2012, EVT
25. Oktober). Ein Austritt Griechenlands würde das Ende der Eurozone
als Währungsunion bedeuten. Stattdessen wäre der Euro dann nur noch
ein System fester Wechselkurse, aus dem auch andere Länder im
Krisenfall einfach ausscheiden könnten. "Dann haben wir im Euroraum
sofort ein Konvertibilitätsrisiko", warnte Enderlein.
Kurzfristig sieht Enderlein in den Plänen der Europäischen
Zentralbank (EZB) zum Ankauf von Staatsanleihen in Verbindung mit dem
Euro-Rettungsschirm "das einzige Mittel, um das Feuer zu löschen". Um
den Euro allerdings langfristig zu stabilisieren, forderte der
Experte in 'Börse Online' eine politische und eine Fiskalunion in
Europa. Diese könne aber nur unter zwei Bedingungen funktionieren:
Erstens müssten Problemstaaten bereit sein, in Krisenzeiten ihre
Souveränität aufzugeben. "In einer Währungsunion endet die nationale
Souveränität dann, wenn die nationale Solvenz endet", betonte
Enderlein. Zweitens müssten wirtschaftlich starke Staaten wie
Deutschland dazu beitragen, das Zinsniveau für Anleihen in
Problemländern wie Italien oder Spanien so niedrig wie möglich zu
halten. Eine Möglichkeit dazu könnten partielle Garantieübernahmen
sein, mit denen die Anleihepreise in diesen Ländern wieder steigen
und die Zinsen fallen. "Ich will nicht die Zinsen für den Staat auf
null drücken, aber ich will, dass sie für die Volkswirtschaft
deutlich zurückgehen", sagte Enderlein, betonte jedoch zugleich auch,
"dass am Sparen kein Weg vorbeiführt".
Die Kritik, dass die EZB mit ihren geplanten Staatsanleihekäufen
unerlaubte Finanzpolitik betreibe, hält Enderlein für
ungerechtfertigt. "Die EZB hat das Problem, dass sie in der
heterogenen Eurozone Geldpolitik für ein Land machen muss, das es
nicht gibt." Vor diesem Hintergrund sei gerade jetzt der Versuch
erkennbar, eine zuletzt unwirksame Geldpolitik wieder wirksam zu
machen. Damit mag die EZB ihren Spielraum ausreizen, "aber wir sind
in einer Krise, weshalb diese Maßnahmen am Rand ihres geldpolitischen
Mandats absolut gerechtfertigt sind", machte Enderlein deutlich.
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