(ots) - Reformen zur Bewältigung der Euro-Krise gehen in
die richtige Richtung / EZB-Ankündigung von Anleihenkäufen war
wichtiges Signal / Wahrscheinlichkeit eines Griechenland-Austritts
aus der Euro-Zone liegt "bei mehr als 50 Prozent" / Währungsunion
kann aus politischen Gründen noch 30, 40 oder 50 Jahre bestehen /
Erwartung, dass Euro-Zone Probleme in ein, zwei Jahren in den Griff
bekommt / USA und Japan sind die nächsten Krisen-Kandidaten
Der Höhepunkt der Euro-Krise ist bereits überwunden - dieser
Meinung ist Thomas Liebi, Chefvolkswirt von Swisscanto Asset
Management, der Fondsgesellschaft der Schweizer Kantonalbanken. "Ich
denke, das Schlimmste ist vorbei", sagte Liebi im Interview mit dem
Anlegermagazin 'Börse Online' (Ausgabe 45/2012, EVT 31. Oktober). Die
Reformen gingen in die richtige Richtung. "Besonders mit der
Ankündigung der Europäischen Zentralbank, dass sie de facto eine
Obergrenze für die Zinsen garantiert, zeigt sich ein
Gesinnungswandel." Damit gebe sie Ländern wie Portugal, Spanien und
Italien Zeit für die nötigen Reformen. Dennoch dürfe nicht vergessen
werden, dass man noch einen weiten Weg vor sich habe.
Liebi bewertet die Ankündigung von Anleihekäufen durch die EZB als
einen geschickten Schachzug. Er denke, dass die Ankündigung allein
bereits wirke. "Gegen eine Zentralbank zu wetten, hat sich fast noch
nie gelohnt - die sitzt einfach am längeren Hebel", begründete der
Chefvolkswirt. "Das überzeugt durchaus viele Investoren, auch wenn
sie nicht gerade aufspringen und sich mit spanischen und
italienischen Anleihen eindecken." Dennoch sei zu erwarten, dass der
Markt irgendwann testen werde, ob die EZB wirklich bereit sei,
Anleihen zu kaufen.
Mit einem Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone rechnet Liebi
eher nicht. "Die Wahrscheinlichkeit, dass die Griechen austreten,
sehe ich schon bei mehr als 50 Prozent", meinte er gegenüber 'Börse
Online'. Daran ändert seiner Meinung nach auch die politisch
motivierte Grundsatzentscheidung nichts, "das Land weiter
mitzuschleppen". Die Währungsunion könne gut noch 30, 40 oder 50
Jahre bestehen. "Wenn die Südländer gewillt sind, schmerzhafte
Reformen umzusetzen, denke ich, dass die Euro-Zone eine Zukunft hat -
vor allem als politisches Projekt."
Mittelfristig sieht Liebi andere Länder noch größeren Problemen
ausgesetzt als derzeit die Staaten in Europa. "Wenn die Euro-Zone
ihre Probleme in den Griff bekommt - und ich bin optimistisch, dass
das in den nächsten ein, zwei Jahren gelingt - werden sich die Märkte
auf andere Krisengebiete fokussieren", ist sich der Experte sicher.
So stünden die USA hinsichtlich der Schulden und Defizite insgesamt
schlechter da als die Euro-Zone. Japan sei ebenfalls ein Kandidat für
eine Krise.
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