(ots) - Noch ein weiter Weg
Recep Tayyip Erdogan hat sich bei seinem Deutschland-Besuch
selbstbewusst und fordernd gegeben. Unmissverständlich machte der
türkische Ministerpräsident erneut klar: Sein Land will in die EU.
Die von ihm geäußerte Kritik daran, dass die Beitrittsverhandlungen
ins Stocken geraten sind, mag Kanzlerin Angela Merkel zur Kenntnis
genommen haben. Aufs Gaspedal drücken wird sie deshalb aber nicht.
Die EU hat derzeit genug Probleme damit, ihren Zerfall zu verhindern
und die Euro-Krise in den Griff zu bekommen. An ein heißes Thema wie
die Verhandlungen mit der Türkei wird sich da niemand wagen.
Als Musterbeispiel für die Vereinbarkeit von Demokratie und Islam
präsentiert Erdogan sein Land gerne. Der Fortschrittsbericht der EU
stellt der Türkei hingegen eine ernüchternde Bilanz aus: Verletzungen
der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, parteiisch urteilende
Gerichte, willkürlich handelnde Polizisten. Von 35 Kapiteln, die die
Türkei seit Beginn der Beitrittsgespräche 2005 abarbeitet, ist erst
eines abgeschlossen. Das ist ein Armutszeugnis, und zeigt, wie weit
der Weg zu einer EU-Vollmitgliedschaft noch ist. Für Brüssel ist es
trotz aller interner Krisen dringend an der Zeit, den Verhandlungen
wieder Leben einzuhauchen und den Reformeifer der Türken neu
anzufachen. Denn Europa braucht die Türkei als Partner am Tor zur
islamischen Welt. Vor allem in Zeiten, in denen diese Welt, wie in
Syrien, aus den Fugen gerät.
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: +49(0)541/310 207