(ots) - Kein Glanz, nirgends. Die Wiederwahl Barack Obamas
gleicht so gar nicht seinem triumphalen Einzug in das Weiße Haus vor
vier Jahren. Daran ändert auch die Inständigkeit nichts, mit der wir
Europäer uns die Bestätigung dieses Präsidenten gewünscht haben. Und
daran ändert auch die Deutlichkeit nichts, mit der Obama dann doch
noch nach der Zahl der Wahlmänner seinen Kontrahenten Mitt Romney
abhängen konnte. Der hauchdünne Vorsprung bei den Stimmen zeigt schon
eher, wie nah der Machtverlust für Obama war. Er zeigt aber vor
allem, wie gespalten dieses Land ist. Eine Spaltung, die in eine
jahrelange Blockade zwischen dem Präsidenten und dem Kongress
gemündet ist. Ein politisches Patt, das auch mit diesem Wahlsieg
nicht aufgelöst worden ist.
Niemand weiß heute besser als Barack Obama selbst, wie naiv er
seine erste Amtszeit angegangen ist: mit der messianischen Haltung
eines Mannes nämlich, der eine neue Zeit verkörpere. Mit den
Vorschusslorbeeren eines Friedensnobelpreises, den er 2009 - gerade
mal ein Jahr im Amt - nicht für politisches Handeln, sondern für
seine mitreißenden Reden bekam. Nun haben die USA einen Präsidenten,
der eine entscheidende Lektion gelernt hat: Dass es noch schwieriger
sein kann, innenpolitische Erfolge zu erzielen, als die Welt zu
befrieden. Diese Erkenntnis teilt er mit Angela Merkel. In den USA
geht es aber nicht darum, ein paar Milliarden für soziale Wohltaten
wie ein Betreuungsgeld unters Volk zu bringen oder eine Praxisgebühr
abzuschaffen. In den USA geht es darum, ob sich die größte
Volkswirtschaft der Welt aus ihrer erdrosselnden Verschuldung
befreien kann. Und es geht darum, ob für ein Heer von Arbeitslosen,
das finanziell in keiner Weise abgesichert ist, neue Jobs geschaffen
werden. Entsprechend demütig fällt die Antrittsrede des
wiedergewählten Präsidenten aus. Aus dem Heilsbringer ist der
nüchterne Sachwalter geworden, der nur eine Politik der kleinen
Schritte in Aussicht stellt.
Der Sieger triumphiert nicht über den Geschlagenen. Fast schon
demütig bietet Obama den Republikanern das Gespräch an und appelliert
an ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit. So schlecht sind seine
Chancen nicht, die Blockade zwischen den beiden Lagern aufzubrechen,
die sich in einem 17-monatigen Wahlkampf nichts, aber auch gar nichts
geschenkt haben. Wenn sich der Rauch dieser milliardenschweren
Materialschlacht verzogen hat, werden die Erzkonservativen unter den
Republikanern erkennen müssen, dass mit ihrer Politik eine Mehrheit
in den USA offenbar nicht mehr zu gewinnen ist. Die Zeit, als allein
die weiße Mittelschicht über den Präsidenten des Landes bestimmte,
scheint unwiederbringlich vorbei zu sein. Wer die Präsidentenwahl
gewinnen will, muss mindestens einen Teil der Hispano-Amerikaner
hinter sich bringen. Insofern haftet der Wiederwahl des ersten
schwarzen Präsidenten der USA, der so viele Hoffnungen in ihn
enttäuscht hatte, doch noch etwas Historisches an.
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