(ots) - Auf dem Pulverfass
Mit so heftigem Widerstand hat Ägyptens Präsident Mohammed Mursi
wohl kaum gerechnet, als er sich in der vergangenen Woche mit
umfassenden Machtbefugnissen ausstattete. Das Land am Nil droht ins
Chaos abzurutschen. Auf den Straßen heizt sich die Stimmung immer
mehr auf; Islamisten stehen dort Liberalen und Christen gegenüber.
Ãœberrascht von den anhaltenden Protesten, tritt Mursi die Flucht
nach vorne an und will im Eiltempo eine Verfassung durchpeitschen.
Denn zunächst hatte er der verfassunggebenden Versammlung bis Februar
Zeit gegeben, einen Entwurf vorzulegen. Nun machte er Druck, winkte
den Vorschlag vor wenigen Tagen durch und will ihn Mitte Dezember per
Referendum legitimieren lassen. Das ist ein gefährlicher
Schnellschuss, weil er die Gräben zwischen Mursi-Gegnern und
-Befürwortern bedrohlich vertieft.
Im Strudel der Ereignisse hat jetzt auch noch das
Verfassungsgericht seine Arbeit niedergelegt. Das war zwar nicht mehr
als ein symbolischer Akt, denn faktisch hatte Mursi das Gericht durch
seine Dekrete bereits entmachtet. Dennoch erreicht die Eskalation
eine neue Stufe: Die Richter zeigen, dass sie Mursis Alleingang weder
gutheißen noch mittragen.
Der Präsident muss sich vorsehen. Er sitzt auf einem Pulverfass.
Es könnte hochgehen, wenn er seine zunehmend radikale Linie
beibehält.
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