Bankvertrieb hat Marktanteile und Führungsposition eingebüßt
(firmenpresse) - Köln, 4. Dezember 2012 – Bei den Vertriebswegen von Lebensversicherungsprodukten in Deutschland haben sich im Jahr 2011 erneut große Verschiebungen ergeben. Der an eine einzige Gesellschaft gebundene Vertrieb (Ausschließlichkeitsorganisation, AO)1 hat seinen Marktanteil deutlich gesteigert und ist nun wieder der wichtigste Vertriebsweg für Lebensversicherungen. Der Bankvertrieb ist dagegen stark gesunken und hat seine Führungsposition aus dem Vorjahr nicht verteidigen können. Insbesondere das Einmalbeitragsgeschäft der Banken ist markant zurückgegangen. Die unabhängigen Vermittler konnten ihren Marktanteil ausbauen. Dies sind die zentralen Ergebnisse des Vertriebswege-Survey 2011/2012 in der Lebensversicherungsbranche, den die Unternehmensberatung Towers Watson in diesem Jahr zum 13. Mal durchgeführt hat.
Die teilnehmenden Unternehmen repräsentieren rund 85 Prozent des gesamten Neugeschäfts im Jahr 2011 in Deutschland. Insgesamt ist das Neugeschäft gegen laufenden (d.h. regelmäßigen) Beitrag im Jahr 2011 um knapp 10 Prozent gestiegen. Bei Produkten mit Einmalbeiträgen gab es nach einem starken Boom in den Vorjahren einen deutlichen Rückgang von 17 Prozent.
Viele Ausschließlichkeitsvertriebe mit hohen Wachstumsraten
Der Ausschließlichkeitsvertrieb hat 2011 seinen Marktanteil deutlich gesteigert. Mit nun 30,4 Prozent, gemessen an APE2, 2,7 Prozentpunkte mehr als 2010, erreichte die AO den höchsten Wert seit 2004. „Die meisten großen Ausschließlichkeitsvertriebe haben 2011 ein organisches Wachstum bei laufenden Beiträgen von mehr als 10 Prozent erzielt, einige sogar über 20 Prozent“, erklärt Martin Baier, Berater bei Towers Watson und Autor der Studie. „Die AO ist dabei in fast allen Produktkategorien überdurchschnittlich gewachsen, vor allem hat sie deutlich mehr Volumen bei Rentenversicherungen verkauft.“ Außerdem büßte die AO bei Einmalbeiträgen weniger ein als andere Vertriebswege.
Bankvertrieb fährt Einmalbeitragsgeschäft zurück
Der Marktanteil der Banken ist 2011 um 4,5 Prozentpunkte auf 27,6 Prozent, gemessen an APE, gesunken. „Damit war der Rückgang noch deutlicher als von Towers Watson im Vorjahr prognostiziert“, so Ulrich Wiesenewsky, bei Towers Watson verantwortlich für alle Vertriebswege-Surveys. Die Bedeutung der Banken war in den Jahren 2009 und 2010 stark gewachsen, insbesondere aufgrund des Booms bei kurzfristigen Anlageprodukten und traditionellen Rentenversicherungen gegen Einmalbeitrag. 2011 ist das Einmalbeitragsgeschäft der Banken um 30 Prozent zurückgegangen, was insbesondere auf die Probleme der traditionellen Rentenversicherung zurückzuführen ist. Die Gründe erläutert Baier: „Traditionelle Rentenprodukte tragen ein besonders hohes Zinsrisiko und erfordern daher unter Solvency II viel Risikokapital. Zudem belastet starkes Neugeschäft in der aktuellen Niedrigzinsphase die Rendite für die Altkunden zusätzlich. Deshalb haben viele Versicherer, die über den Bankvertrieb vertreiben, dieses Geschäft deutlich zurückgefahren.“
Verdrängungswettbewerb im unabhängigen Vertrieb
Der Vertrieb über unabhängige Vermittler (Makler, Mehrfachagenten, unabhängige Strukturvertriebe) hat 2011 einen Prozentpunkt hinzugewonnen und kommt nun auf 26,9 Prozent. Der unabhängige Vertrieb profitiert dabei von seiner starken Stellung beim laufenden Beitrag. Zwischen den Versicherern, die in diesem Vertriebsweg tätig sind, gab es deutliche Verschiebungen. „Die Hälfte der 15 führenden Maklervertriebe erzielte 2011 kein organisches Wachstum, einige sind sogar geschrumpft. Andere Maklervertriebe erreichten dagegen zweistellige Wachstumsraten“, sagt Baier. „Es lässt sich daher ein starker Verdrängungskampf in diesem Vertriebsweg feststellen.“
Bei den weiteren Vertriebswegen haben sich nur geringfügige Veränderungen ergeben. Der gebundene Strukturvertrieb hat seinen Anteil gehalten. Der Direktvertrieb über Telefon, Mailings und Internet hat leicht hinzugewonnen (siehe Grafik 1). Gerade der Vertrieb über Internet-Portale konnte seine Bedeutung noch nicht wie erwartet steigern: „Während in der Sachversicherung, etwa im Kfz-Bereich3, die Vergleichsportale stark gewonnen haben, ist dies im Leben-Bereich bislang nicht gelungen“, führt Wiesenewsky aus.
Versicherer erwarten Wachstum vor allem bei Maklern und Internet-Portalen
Die Teilnehmer der Studie sind dennoch der Meinung, dass Makler und Internet-Portale die besten Wachstumsaussichten für die kommenden Jahre haben. 52 Prozent bzw. 47 Prozent der Lebensversicherer erwarten eine steigende Bedeutung dieser Vertriebswege für ihr eigenes Unternehmen. Auch der Bankvertrieb wird überwiegend optimistisch gesehen. Für die Ausschließlichkeit geht über die Hälfte der Versicherer von einer Stagnation aus.
Prognose: Unabhängige Vermittler werden langfristig profitieren
Towers Watson erwartet, dass der unabhängige Vertrieb in den nächsten Jahren Marktanteile gewinnen wird. Wiesenewsky: „Dafür spricht, dass sie auf die Produkte spezialisiert sind, die sich derzeit besonders gut verkaufen lassen, insbesondere Berufsunfähigkeitsversicherungen und die betriebliche Altersversorgung. Wenn das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt wieder steigt, könnte auch der Absatz der fondsgebundenen Versicherung anziehen. Auch hier sind die unabhängigen Vermittler stark.“
Die Ausschließlichkeit wird dagegen leicht an Bedeutung verlieren. „Für sie ist es schwieriger, sich an die sich wandelnde Kundenstruktur und die Bedürfnisse jüngerer Kunden anzupassen“, erläutert Baier. „Zurzeit profitiert die AO noch davon, dass sie einen treuen Kundenstamm hat, der hohe Beiträge in die Altersvorsorge investiert.“
Für den Bankvertrieb geht Towers Watson von einem konstanten Anteil aus. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie die Geschäftspolitik der Versicherer und Banken das Neugeschäft in diesem Vertriebsweg beeinflusst. Für den Direktvertrieb erwartet Towers Watson, dass sich der jüngste Wachstumstrend fortsetzt.
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1 Zur Definition aller Vertriebswege siehe Hintergrundinformation am Ende der Meldung
2 APE = Annual Premium Equivalent (Summe aus laufenden Neubeiträgen und 10 Prozent der Einmalprämien)
3 Vertriebswege-Survey Schaden/Unfall 2012: http://www.towerswatson.com/germany/press/8467
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