(ots) -
Ohne die Eltern geht es nicht: Wenn Schulbehörden und
Schulleitungen die Inklusion - den gemeinsamen Unterricht behinderter
und nicht behinderter Kinder - voranbringen wollen, müssten sie immer
wieder den Dialog mit den Eltern suchen und sich dabei auch
kritischen Diskussionen stellen. Das schreiben die Bildungsforscher
Prof. Dr. Marianne Horstkemper und Prof. Dr. Klaus-Jürgen Tillmann in
der Novemberausgabe der Fachzeitschrift "Die Deutsche Schule" (Heft
4/12). Die renommierten Wissenschaftler haben die Ergebnisse der
Anfang September vorgestellten 2. JAKO-O Bildungsstudie nochmals
analysiert. Ihr Fazit: Eine vorbereitende Elternarbeit "vor Ort" ist
erforderlich, um Verständnis für die anstehenden Veränderungen zu
erreichen. Mit schmalen Budgets lässt sich das Ziel den Autoren
zufolge aber nicht erreichen: "Die Schulbehörde muss Formen der
inklusiven Beschulung auch so gut ausstatten, dass die Förderqualität
allen Beteiligten ins Auge fällt."
Bei vielen Eltern stehe die Sorge um die Leistungen der eigenen
Kinder im Mittelpunkt. Wenn es nicht gelingt, die Befürchtung
auszuräumen, das fachliche Lernen der Kinder werde durch den
gemeinsamen Unterricht gebremst, wird die Unterstützung der Eltern
nach Ansicht der Bildungsforscher nur schwer zu erreichen sein.
Insgesamt deuteten die Ergebnisse der Datenanalyse darauf hin, dass
der Weg zur inklusiven Schule innerhalb der Elternschaft zwar breite
Unterstützung findet, aber auch kein "Selbstläufer" ist. Denn der
gemeinsamen Beschulung von Kindern mit und ohne Behinderungen stimmen
Eltern laut der 2. JAKO-O Bildungsstudie nicht vorbehaltlos zu. Wenn
es um körperlich beeinträchtigte Kinder und Kinder mit
Lernschwierigkeiten geht, findet der gemeinsame Unterricht große
Unterstützung: 89 % bzw. 72 % der Eltern sprechen sich dafür aus. Die
unterrichtliche Integration von Kindern mit geistigen Behinderungen
und solchen mit Verhaltensauffälligkeiten wird dagegen nur von knapp
der Hälfte (jeweils 46 %) unterstützt.
UN-Konvention verlangt gemeinsamen Unterricht in Deutschland
Am 26. März 2009 trat in der Bundesrepublik die UN-Konvention über
die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Kraft. Kinder und
Jugendliche mit einer Behinderung - offizielle Bezeichnung: mit
sonderpädagogischem Förderbedarf - haben nun einen Rechtsanspruch,
gemeinsam mit Kindern ohne einen solchen Förderbedarf unterrichtet zu
werden. Der UN-Konvention zufolge muss das deutsche Schulsystem
langfristig ohne Sonderschulen auskommen. (Fast) jede Schule wird in
Zukunft eine "inklusive" Schule sein. Bis dahin ist noch viel zu tun:
Nicht einmal jedes vierte behinderte Kind in Deutschland besucht
gegenwärtig eine reguläre Schule. Spitzenreiter ist
Schleswig-Holstein, wo die Hälfte aller lern- oder körperbehinderten
Schüler zur Regelschule geht. In Berlin und Bremen liegt der
Inklusionsanteil bei mehr als 40%, in Niedersachsen, das hier
Schlusslicht ist, bei 8,5%.
Weitere Informationen
Studiensteckbrief: Für die repräsentative Studie befragte das
Sozialforschungsinstitut TNS Emnid im Auftrag von JAKO-O 3.000 Eltern
mit schulpflichtigen Kindern im Alter bis zu 16 Jahren. Befragt
wurden Eltern aus dem gesamten Bundesgebiet. Die Interviews erfolgten
per Telefon im Januar 2012.
Zum Nachlesen: Fachbuch und Magazin zur 2. JAKO-O Bildungsstudie
Was steckt hinter den Zahlen der 2. JAKO-O Bildungsstudie? Was sind
die bildungspolitischen Konsequenzen? Das Fachbuch und das daraus
abgeleitete Magazin bieten allen, die bei den Themen Schule und
Bildungspolitik mitreden wollen, wertvolle Informationen und
Argumente.
- Dagmar Killus, Klaus-Jürgen Tillmann (Hrsg.), "Eltern ziehen
Bilanz - Ein Trendbericht zu Schule und Bildungspolitik in
Deutschland", 240 Seiten, Waxmann Verlag, Münster, ISBN:
978-3-8309-2755-6, Preis: 24,90 EUR (erhältlich über
www.jako-o.de (Art.-Nr. 641-617), www.waxmann.com und im
Buchhandel)
- "2. JAKO-O Bildungsstudie - Eltern beurteilen Schule in
Deutschland. Das Magazin zur Studie", 72 Seiten, JAKO-O, Bad
Rodach, ISBN: 978-3-939776-14-7, Preis: 2,00 EUR (erhältlich
über www.jako-o.de (Art.-Nr. 641-618))
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