(ots) - Reporter ohne Grenzen und Human Rights Watch rufen
die Europäische Union dazu auf, den Handel mit digitalen
Ãœberwachungstechnologien, durch die weltweit Menschenrechte verletzt
werden, effektiver zu kontrollieren. Das Europäische Parlament hat
dazu heute eine neue Strategie über digitale Freiheit als Teil der
gemeinsamen EU-Außenpolitik beschlossen.
In einem Bericht über die Rolle europäischer Technologie-Exporte
hatte Marietje Schaake, Sonderberichterstatterin für Internetfreiheit
im Europäischen Parlament, zuvor kritisiert, dass mithilfe
europäischer Späh- und Zensurtechnologie weltweit Menschenrechte
verletzt werden. Schaake forderte, derartige Technologien müssten
genauso kontrolliert werden "wie wir die Qualität von Lebensmitteln
und Medikamenten überprüfen oder konventionelle Waffen überwachen".
(http://bit.ly/Vw8U4T)
"Es ist paradox, wenn europäische Regierungen einerseits betonen,
wie wichtig es ist, dass Bürgerjournalisten Nachrichtensperren
durchbrechen und unter Einsatz ihres Lebens Informationen aus
autoritären Staaten liefern - und europäische Firmen die Machthaber
dieser Staaten gleichzeitig mit der Technik versorgen, um Aktivisten
zu verfolgen", sagte Matthias Spielkamp, Vorstandsmitglied von
Reporter ohne Grenzen in Berlin. "Wir brauchen mehr Transparenz
darüber, welche Firmen Zensurtechnik in autoritäre Länder liefern,
und wir brauchen Gesetze, die diesen Handel genau regeln."
Der unregulierte Handel mit Spähsoftware, mit der autoritäre
Machthaber kritische Blogger und Bürgerjournalisten verfolgen, ist
eine der größten Bedrohungen für die Meinungsfreiheit und
Menschenrechtsarbeit im Internet, so Reporter ohne Grenzen und Human
Rights Watch. Europäische Regierungen müssen einen gemeinsamen Ansatz
entwickeln, um den Export von Ãœberwachungstechnologien zu regulieren,
da ein Großteil dieser Exporte aus der EU stammt. Dass die EU den
Export von Ãœberwachungstechnologie nach Syrien und in den Iran
verboten hat, ist zwar ein Anfang, reicht jedoch bei weitem nicht
aus, so die Organisationen.
Die digitale Überwachung wird für Journalisten, Blogger,
Bürgerjournalisten und Menschenrechtler zu einer immer größeren
Bedrohung. Im Jahr 2011 veröffentlichte Wikileaks mehrere Hundert
Dokumente (http://bit.ly/sHnBQQ), aus denen die Vielfalt und
Ausgereiftheit der Technologien deutlich wird, die auf
internationalen Messen für Überwachungstechnologie angeboten werden.
Davon angestoßene Recherchen von Bloomberg (http://bit.ly/toj6WH),
dem Wall Street Journal (http://on.wsj.com/iIRL2W) und
Sicherheitsexperten des Citizen Lab (http://bit.ly/MHqzTd) ergaben,
dass die Technologien, die in Ägypten, Bahrain und Libyen gegen
mutmaßliche Dissidenten und Menschenrechtler eingesetzt wurden,
häufig von europäischen Anbietern stammten (http://nyti.ms/NvMkI8).
Die gelieferten Programme können sich unbemerkt auf dem Computer
einer Zielperson einnisten, etwa durch infizierte Dateianhänge oder
vermeintliche Software-Updates.
Einmal installiert, können Regierungen oder Geheimdienste durch
solche Programme auf Festplatten zugreifen, an Passwörter gelangen
und sogar den Inhalt verschlüsselter Emails und Chatprotokolle
einsehen. Außerdem können nachträglich Dateien auf infizierten
Rechnern platziert werden. Einige Anbieter wenden sich gezielt an
staatliche Stellen wie Geheimdienste und Sicherheitsbehörden, um
derartige Technologien anzubieten. Ob Unternehmen bei ihren
weltweiten Exporten von Ãœberwachungstechnologie die
Menschenrechtspolitik in den Empfängerländern berücksichtigen, ist
unklar.
"Es ist unverantwortlich bis fahrlässig, wenn Unternehmen
leistungsstarke Ãœberwachungstechnologien an Unrechtsregime verkaufen
ohne in Betracht zu ziehen, welche Auswirkungen dies auf die
Menschenrechtslage hat oder ob die Lieferung der Produkte überhaupt
zu verantworten ist", so Cynthia Wong, leitende Researcherin in der
Abteilung Internet und Menschenrechte bei Human Rights Watch.
"Europäische Regierungen sollten diese Entscheidungen nicht einfach
dem privaten Sektor überlassen. Sie müssen handeln und den Handel mit
diesen Technologien regulieren."
WEITERE INFORMATIONEN:
Bericht zur Strategie für "Digitale Freiheit" in der
EU-Außenpolitik, Marietje Schaake, Berichterstatterin für die erste
EU-Strategie für digitale Freiheit (15.11.2012): http://bit.ly/Vw8U4T
Reporter ohne Grenzen: Positionspapier zum Export europäischer
Ãœberwachungstechnologien, (November 2012): http://bit.ly/VLQj8E
Ben Wagner. 2012. "After the Arab Spring: New Paths for Human
Rights and the Internet in European Foreign Policy" Europäische
Kommission, Generaldirektion für Wirtschaft und Finanzen, Brüssel,
Belgien: http://bit.ly/Q64foH (Englisch)
Ben Wagner. 2012. "Exporting Censorship and Surveillance
Technology. Den Haag, The Netherlands": http://bit.ly/zYq9Dc
(Englisch)
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