(ots) - Nach dem Einbruch beim China-Korrespondenten des
Nachrichtenmagazins Der Spiegel, Bernhard Zand, fordert Reporter ohne
Grenzen Außenminister Guido Westerwelle auf, sich für die Aufklärung
des Falls einzusetzen. Unbekannte hatten Ende Dezember einen Computer
des Journalisten zerstört und Dateien und Fotos gelöscht.
"Westerwelle muss sich dafür einsetzen, dass Auslandskorrespondenten
in China frei und ungehindert arbeiten können", sagte
ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin.
Der langjährige Spiegel-Redakteur Bernhard Zand und seine
chinesische Mitarbeiterin Wu Dandan hatten in der südwestchinesischen
Provinz Guizhou über das Schicksal von fünf obdachlosen Kindern
recherchiert, die Mitte November tot in einem Müllcontainer gefunden
worden waren. Die Jungen starben an einer Kohlenmonoxid-Vergiftung,
als sie versuchten, in dem Container ein Feuer gegen die Kälte
anzuzünden. Der international beachtete Fall löste heftige Kritik an
den Behörden aus, die sich nicht um das Schicksal der Kinder
gekümmert hätten.
Zand und Dandan war es in Guizhou gelungen, Kontakt mit dem
Journalisten Li Yuanlong aufzunehmen, der als erster über den Fall
berichtet hatte und sich trotz massiven Drucks der Behörden weigerte,
seine Berichte aus dem Internet zu entfernen (http://bit.ly/Uf2nbz).
Bei ihren Recherchen wurden die Spiegel-Journalisten nach eigenen
Angaben tagelang durch Sicherheitsdienste behindert. Ihre Bewegungen
seien gefilmt und Interviewpartner eingeschüchtert worden. Am 29.
Dezember drangen Unbekannte in ihre Hotelzimmer ein. Sie zerstörten
Zands Tablet-Computer und löschten Fotos von einer Speicherkarte
sowie Daten von den Laptops der beiden Journalisten. Zands
Mobiltelefon wurde unter Wasser gesetzt.
Nach dem Vorfall habe die Hotelleitung ihnen dringend geraten, die
Provinz zu verlassen und auf eine Anzeige zu verzichten, berichtete
Zand. Aufnahmen der Überwachungskameras im Hotel lägen nach
Darstellung der Polizei für den fraglichen Zeitraum nicht vor.
"Die chinesischen Behörden versuchen systematisch, Journalisten
einzuschüchtern und zensieren kritische Berichte über das Land",
kritisierte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Chinesische Kollegen
stehen dabei oft noch weitaus stärker unter Druck als ausländische
Kollegen." Rund 30 Journalisten und 70 Blogger sitzen dort zurzeit in
Haft.
Reporter ohne Grenzen zählt den chinesischen Präsidenten Hu Jintao
zu den größten Feinden der Pressefreiheit weltweit. Auf der
ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht China auf Platz 174 von 179 -
schlimmer ist die Situation nur noch in Iran und Syrien sowie bei den
drei langjährigen Schlusslichtern Turkmenistan, Nordkorea und
Eritrea.
ROG-Online-Dossier zur Lage der Presse in China:
http://www.reporter-ohne-grenzen.de/china-spezial/
Brief der deutschen Auslandskorrespondenten an Bundeskanzlerin
Angela Merkel (August 2012): http://bit.ly/107VLW2
Aktuelle Informationen in englischer Sprache:
http://en.rsf.org/china.html.
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