(ots) - Im Durchschnitt isst jeder Deutsche in seinem Leben
1094 Tiere, verteilt auf vier Rinder, vier Schafe, 12 Gänse, 37
Enten, 46 Schweine, 46 Puten und 945 Hühner. Mit einem jährlichen
Fleischverzehr von rund 60 Kilogramm essen die Deutschen doppelt so
viel Fleisch wie die Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern.
In den ärmsten Ländern der Welt liegt der Fleischkonsum unter 10
Kilogramm pro Jahr. Zugleich produzieren deutsche Fleischfabriken
etwa 17 Prozent mehr Fleisch als verzehrt wird. Fast zwei Drittel der
hiesigen Agrarflächen dienen inzwischen der Erzeugung von
Futtermitteln. Diese und viele weitere Zahlen und Fakten enthält ein
"Fleischatlas", der in Texten und Grafiken die globalen Zusammenhänge
der Fleischerzeugung aufzeigt und von der Heinrich-Böll-Stiftung, Le
Monde Diplomatique und dem Bund für Umwelt und Naturschutz
Deutschland (BUND) herausgegeben wurde.
Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung: "Die
intensive Fleischproduktion ist nicht nur qualvoll für die Tiere und
belastet die Umwelt, sondern verschlingt gleichzeitig riesige Mengen
an Rohstoffen, die wir als Futtermittel aus Ländern des globalen
Südens importieren. Nach China ist Europa der größte Importeur von
Soja. Argentinien und Brasilien erweitern in großem Stil ihre
Anbauflächen für die Sojaproduktion. Das liegt fast ausschließlich am
Sojahunger unserer Schlachttiere. Der steigende Fleischkonsum macht
Land mehr denn je zu einem wertvollen Gut", so Unmüßig weiter. Dies
habe verheerende Folgen: "Mittlerweile nutzen wir nahezu ein Drittel
der weltweiten Landflächen für die Futtermittelproduktion, während
die Kleinbauern zunehmend ihr Land und damit ihre Nahrungs- und
Existenzgrundlage verlieren. Das Schnitzel auf unserem Teller geht
also nicht selten auf Kosten der Ernährungssicherheit zahlreicher
Menschen im Süden dieser Welt", kritisierte Unmüßig.
"Wir brauchen eine Kehrtwende in der Agrarpolitik. Das heißt:
Subventionen für die intensive Fleischproduktion streichen, Landnahme
im Süden verhindern, die kleinbäuerliche Landwirtschaft fördern und
das Menschenrecht auf Nahrung endlich ernst nehmen", forderte
Unmüßig.
Der Fleischatlas zeigt auch, wie hoch der Einsatz von Antibiotika
zur Gesunderhaltung der Tiere in der globalen Massenproduktion von
Fleisch ist. Im weltweiten Ranking liegt Deutschland mit geschätzt
etwa 170 Milligramm eingesetzten Antibiotika pro Kilo erzeugtem
Fleisch auf einem der vorderen Plätze. Ergebnis davon ist die Zunahme
von Antibiotika-Resistenzen. Europaweit sterben im Jahr rund 25000
Menschen auf Grund von Antibiotika-Resistenzen.
Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger kritisierte in diesem
Zusammenhang Agrarministerin Ilse Aigner: "Deutschland scheint
Exportweltmeister bei Hühnern und Schweinen werden zu wollen. Es
werden weiter neue Megaställe gebaut, deren Förderung Fleisch beim
Discounter scheinbar billig macht. Tatsächlich zahlen die Verbraucher
einmal beim Kauf des Fleisches, dann mit Steuergeld für neue Ställe
und Schlachthöfe und drittens für die Umwelt- und Gesundheitsschäden.
Bundesagrarministerin Aigner hat es nicht geschafft, hier
Veränderungen einzuleiten", sagte der BUND-Vorsitzende.
Der BUND setze sich dafür ein, bei der laufenden EU-Agrarreform
die Vergabe der 60 Milliarden Euro Subventionen an strenge Umwelt-
und Tierschutzauflagen zu binden. "2013 muss die Bundesregierung
zeigen, dass sie Lokomotive der EU-Agrarreform ist und nicht deren
Bremserin", sagte der BUND-Vorsitzende. Deshalb werde sein Verband
anlässlich der "Grünen Woche" in Berlin am 19. Januar gemeinsam mit
einem breiten Bündnis eine große Demonstration für Korrekturen der
deutschen und europäischen Agrarpolitik durchführen.
Den "Fleischatlas" finden Sie im Internet zum Download unter:
www.bund.net/fleischatlas und www.boell.de/fleischatlas
Pressekontakt:
Reinhild Benning, BUND-Agrarexpertin, Tel. 030-27586-481, Mobil:
0175-7263779, E-Mail: reinhild.benning(at)bund.net; Rüdiger Rosenthal,
BUND-Pressesprecher
Tel. 030-27586-425/-464, Mobil: 0171-8311051, E-Mail:
presse(at)bund.net, www.bund.net bzw. Dr. Christine Chemnitz,
Heinrich-Böll-Stiftung, Referentin Internationale Agrarpolitik, Tel.
030-28534312, E-Mail: chemnitz(at)boell.de; Ramona Simon,
Pressesprecherin Heinrich-Böll-Stiftung, Tel. 030-28534-202, Mobil:
0160-3657722, E-Mail: simon(at)boell.de, www.boell.de