(ots) - Sichtbare Kratzer
War es ein Versehen oder Absicht? Das ist die entscheidende Frage
in der Causa Annette Schavan. Sollte die Universität Düsseldorf zu
dem Schluss kommen, dass sich in die mehr als 30 Jahre alte
Doktorarbeit der heutigen Bundesforschungsministerin Fehler
eingeschlichen haben, steht die Vertraute von Kanzlerin Angela Merkel
schlecht da. Ein Grund für die Aberkennung des "Dr. phil." und einen
anschließenden Rücktritt wäre dies aber noch nicht. Dass es in diese
Richtung gehen könnte, darauf gibt die Abmilderung des Vorwurfs einen
ersten dezenten Hinweis, obwohl es am Ende doch noch ganz anders
kommen kann. Auch wenn inzwischen ein offizielles Verfahren zur
Aberkennung des Titels eingeleitet worden ist, darf das nicht zur
Vorverurteilung führen.
Dieses Vorgehen ist wichtig: erst prüfen, dann urteilen. Sollte
sich herausstellen, dass Schavan unsauber gearbeitet hat, ist ihre
weiße Weste zu Recht besudelt. Dieser Makel allein wäre so weit
sichtbar, dass sie nach der Bundestagswahl auch unter einer Kanzlerin
Merkel wohl kaum mehr Ministerin sein wird. Anders verhält es sich
indes, wenn die Ministerin in ihren jungen Jahren beim Verfassen der
Arbeit "Person und Gewissen" schlicht betrogen hat. Dann müsste sie
umgehend nicht nur ihren Doktorhut nehmen. Und der
Bundestagswahlkampf würde den Donnerhall bis ins Kanzleramt tragen.
Fabian Löhe
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