(ots) - Die Wortwahl der Herren ist alles andere als
zurückhaltend. Nach eigener Einschätzung hat die europäische
Polizeibehörde Europol nicht weniger als den "größten Wettskandal der
Fußballgeschichte" aufgedeckt. Und bei so viel Eigenlob wird mancher
Fan reflexartig skeptisch und fragt, ob dies wieder einmal eine jener
Geschichten ist, die mächtig beginnen und mickrig enden. Was vor
allem damit zusammen hängen mag, dass der Fußball hierzulande
sämtliche Wettskandale locker überlebt hat. War da mal was? Horst
Canellas, die Geldkoffer und die Meineide der 70er Jahre? Robert
Hoyzer, der Schiedsrichter, der vor ein paar Jahren ein paar Tausend
Euro und einen Flachbildschirm ergaunerte? Oder der Bochumer Prozess,
der 2009 mit der Ankündigung startete, der "größte europäische" aller
Zeiten zu sein? Der Fußball hat längst seine Unschuld verloren. Zu
viel ist passiert, und aus heutiger Sicht muss man staunen, dass die
Betrugsfälle dem liebsten Kind der Deutschen rein gar nichts anhaben
konnten. Nie war die Bundesliga so wertvoll wie heute. In der
vergangenen Saison haben die 18 Klubs den achten Umsatzrekord (!) in
Folge geschafft - erstmals wurde die Schallgrenze von zwei Milliarden
Euro geknackt. Und diese Boom-Zeiten lehren unter anderem, dass
verdammt viel kommen muss, um diese Liebe zu beeinträchtigen. Aber
bislang ist eben kein Champions-League-Spiel der Güte Bayern gegen
Arsenal oder ein WM-Qualifikationsspiel der Kategorie Italien kontra
Frankreich nachgewiesen verschoben worden. Im Fokus der Paten liegen
die Nebenplätze dieser Welt; jene Spiele abseits der vielen Kameras,
weil sich hier weitaus gefahrloser operieren lässt. Und gerade
deshalb liegt die Vermutung nahe, dass auch der aktuelle Fall kein
Erdbeben auslösen wird: Eben weil keine qualitativen Fakten geboten
werden, und weil die Zahlen obendrein, so gewaltig sie auch sind,
bereits abgeschlossene Fälle beinhalten sollen. Wer darauf hinweist,
sollte relativieren, statt zu bagatellisieren. Dass der Kampf gegen
Betrüger ernst zu nehmen ist, dass er nicht nur Sache der staatlichen
Strafverfolger, sondern auch die der Vereine, Spieler und Verbände
sein muss, und zwar deutlich konsequenter als bisher, versteht sich
von selbst und bedarf keiner besonderen Betonung.
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