(ots) - Große deutsche Unternehmen setzen zwar auf das
Thema Nachhaltigkeit, lassen sich aber wirtschaftliche Vorteile
entgehen. Das zeigt eine Studie des Centre for Sustainability
Management (CSM) der Leuphana Universität Lüneburg. Für ihr aktuelles
"Corporate Sustainability Barometer" haben die Wissenschaftler 152
der größten deutschen Unternehmen aller Branchen befragt. 83% Prozent
geben an, Nachhaltigkeitsthemen in ihrem Kerngeschäft zu
berücksichtigen, etwa in Form einer ressourceneffizienten Produktion.
Chancen auf Umsatzsteigerung und Innovationen nutzen Unternehmen
jedoch selten. Nachhaltigkeitsmanagement heißt für sie in erster
Linie: Reputation sichern, Risiken mindern und interne Prozesse
optimieren.
Erfolgsmessung bleibt meist aus
Eine Minderheit der befragten Unternehmen überprüft, wie sich ihr
Engagement für Umwelt- und soziale Themen auf den Unternehmenserfolg
auswirkt. Weniger als die Hälfte der Befragten misst den Einfluss auf
die Kosten und nur ein Drittel untersucht die Wirkung auf den Umsatz.
Die notwendigen Informationen könnten Rechnungswesen und Controlling
bieten. Sie werden aber von allen Unternehmensbereichen am wenigsten
in das Nachhaltigkeitsmanagement eingebunden. "Es ist fraglich, wie
ohne Kennzahlen und Analysen ein wirtschaftlich erfolgreiches
Management ökologischer und sozialer Themen auf systematische Weise
gelingen soll", gibt Professor Stefan Schaltegger, Leiter des
Lüneburger CSM, zu bedenken.
Stakeholder werden kaum eingebunden
Handlungsbedarf sieht Schaltegger auch bei der Einbindung der
sogenannten Stakeholder, also verschiedener Anspruchsgruppen, etwa
Umweltverbänden, Kunden oder Anwohner. Die Mehrheit der befragten
Unternehmen informiert und beobachtet solche Anspruchsgruppen, meist
allerdings nur fallweise und seltener systematisch. "Intensive und
partizipative Einbindungsformen verzeichnen seit der letzten
Untersuchung aus dem Jahr 2010 sogar einen Rückgang", analysiert
Prof. Schaltegger. So liegt die Zahl der Unternehmen, die
grundsätzlich mit ihren Stakeholdern zusammenarbeiten, aktuell
unterhalb von 20 Prozent. Dabei gibt es mittlerweile etliche gute
Beispiele für fruchtbare auf Nachhaltigkeit ausgerichtete
Kooperationen zwischen Unternehmen und Stakeholdern, etwa den Forest
Stewardship Council (FSC) für nachhaltige Forstwirtschaft.
Marktanreize noch zu schwach
Die deutschen Großunternehmen sehen vor allem
Nichtregierungsorganisationen und die Medien als wichtige Antreiber
für ihr Engagement in Sachen Nachhaltigkeit. Von Konsumenten,
Händlern und Banken empfangen sie bislang keine ausreichend starken
Signale für ein stärkeres Engagement auf diesem Gebiet. Dies mag ein
Grund dafür sein, weshalb Unternehmen Nachhaltigkeit noch selten als
Ansatzpunkt für die Entwicklung von Marktchancen und Innovationen
sehen. Entsprechend misst auch nur ein gutes Drittel der Unternehmen
die Wirkung des Nachhaltigkeitsengagements auf Innovationen, und kaum
ein Fünftel ermittelt die Wirkung auf Geschäftsmodellinnovationen.
Fortschritte trotzdem erkennbar
Einen Aufwärtstrend haben die Wissenschaftler in Sachen
marktorientierte Nachhaltigkeitsmaßnahmen, also etwa dem Bewerben
ökologischer und sozialer Produkte, dennoch registriert: Der Anteil
der Unternehmen, die "häufig oder immer" marktorientierte
Nachhaltigkeitsmaßnahmen ergreifen, hat sich im Vergleich zu 2010 auf
rund die Hälfte der Befragten fast verdoppelt. Auch wird eine
Vielzahl an Unternehmensbereichen in das Nachhaltigkeitsmanagement
eingebunden. Neben den Public Relations-Abteilungen nehmen häufig die
Geschäftsführungen selbst das Thema in den Blick, es gewinnt so an
strategischer Bedeutung. "Das Engagement der Geschäftsleitungen und
die steigende Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in das
Kerngeschäft zeigen, dass das Thema in deutschen Großunternehmen
einen festen Platz hat", bilanziert Professor Schaltegger.
Unternehmerische Nachhaltigkeit komme zwar langsam, aber stetig
voran.
Weiterbildung als Schlüssel zum Erfolg
Um Nachhaltigkeit stärker chancenorientiert managen zu können,
benötigen Unternehmen entsprechendes Know-How. Die vertiefende
Spezialuntersuchung "Aus- und Weiterbildung für unternehmerische
Nachhaltigkeit" des aktuellen Corporate Sustainability Barometers
zeigt, dass viele der hierzu Befragten ihre Belegschaft nicht für
ausreichend qualifiziert halten. Die meisten Unternehmen setzen auf
interne Weiterbildungsmaßnahmen, um das zu ändern. Externe Angebote
wie Coachings oder Weiterbildungsstudiengänge werden nur wenig
genutzt. Professor Schaltegger ist überzeugt: "Wenn Unternehmen die
Potenziale des Nachhaltigkeitsmanagements besser nutzen, indem sie
ihre Belegschaft entsprechend qualifizieren, bietet das nicht nur
ihnen neue Chancen, sondern fördert auch die nachhaltige Entwicklung
von Wirtschaft und Gesellschaft."
Die Studie "Corporate Sustainability Barometer 2012 - Praxisstand
und Fortschritt des Nachhaltigkeitsmanagements in den größten
Unternehmen Deutschlands" kann kostenfrei über das Centre for
Sustainability Management der Leuphana Universität Lüneburg bezogen
werden und steht unter
http://www2.leuphana.de/csm/CorporateSustainabilityBarometer2012.pdf
zum Download bereit.
Pressekontakt:
Centre for Sustainability Management (CSM)
Leuphana Universität Lüneburg
Prof. Dr. Stefan Schaltegger
Scharnhorststraße 1
21335 Lüneburg
Tel.: +49 4131 677-2181
csm(at)uni.leuphana.de