(ots) -
Immer mehr Unternehmen verabschieden sich vom Konzept der "grünen
Wiese" und suchen nach neuen, urbanen Quartieren. Das ist das
Ergebnis einer Fachtagung in Heidelberg. Mehr als 150 Experten aus
kommunaler Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft diskutierten
darüber, welche besonderen Anforderungen wissensbasierte und
forschungsintensive Unternehmen an neue Wirtschaftsstandorte haben.
Gemeinsame Veranstalter der Tagung waren das Deutsche Institut für
Urbanistik (DIfU) und die Stadt Heidelberg.
Neben dem reinen Flächenbedarf achten Unternehmen verstärkt auf
das Image und die Infrastruktur der Standorte. Immer mehr Firmen
suchen gezielt nach Ansiedlungsmöglichkeiten in räumlicher Nähe zu
Forschungseinrichtungen, Kunden, Zulieferern und
Kooperationspartnern. Besonders gefragt sind Wirtschaftsstandorte, an
denen sich Arbeiten, Wohnen und Leben verbinden lässt. Dieser Trend
zeigt sich auch in Heidelbergs neuem Stadtteil Bahnstadt. Auf dem
ehemaligen Gelände des Heidelberger Güter- und Rangierbahnhof
entsteht zurzeit ein Quartier, in dem 12.000 Menschen leben, arbeiten
und ausgehen.
In Heidelberg gibt es besonders viele wissensintensive
Unternehmen. Hier lässt sich der Trend zu urbanen Standorten schon
heute beobachten. Im Vergleich zu anderen Städten sieht Daniel
Zwicker-Schwarm vom Deutschen Institut für Urbanistik Vorteile für
den Wirtschaftsstandort Heidelberg: "Mit der Bahnstadt und den frei
werdenden Flächen der US-Armee bietet sich hier die Chance,
wissensbasierte Wirtschaft und urbane Qualitäten miteinander zu
verbinden und damit neue Technologiefelder wie die Organische
Elektronik zu fördern."
In einem gemeinsam entwickelten Wirtschaftsflächenkonzept für die
Stadt Heidelberg zeigen die Gutachter des Deutschen Instituts für
Urbanistik und die CIMA Beratung + Management GmbH in Leipzig jetzt
auf, worauf bei der Entwicklung neuer Flächen geachtet werden sollte.
In ihrer Studie empfehlen die Gutachter eine Fortsetzung nachhaltiger
Flächenentwicklung und eine Stärkung von urbaneren Standorten.
Weiterhin solle Heidelberg seine Gewerbeparks aufwerten und auf
flächenintensive Betriebe mit wenigen Beschäftigten verzichten.
Wichtig bleiben dabei aber - auch wenn der Trend hin zu urbanen
Standorten gehe - stets die Bedürfnisse der jeweiligen Unternehmen:
"Es wird auch weiter Gewerbegebiete geben, Industrie muss manchmal
auch laut sein dürfen", so Zwicker-Schwarm. Letztlich könne man nur
eine Standortbestimmung vornehmen und Handlungsempfehlungen geben,
bauliche Entscheidungen treffe dann die Stadt selbst, erklärt Uwe
Mantik von der CIMA Beratung + Management GmbH.
Heidelbergs Wirtschaft wächst weiter
Die wirtschaftliche Prognose für den Standort Heidelberg ist sehr
gut: In den kommenden Jahren rechnen CIMA und DIfU in ihrer Studie
mit einem Zuwachs von rund 6.200 Beschäftigten im Bereich
wissensintensiver Dienstleistungen und Forschung. Aktuell arbeiten
bereits 83 Prozent der Beschäftigten in Heidelberg im
Dienstleistungssektor. Die positive Wirtschaftsentwicklung bleibt
aber nicht ohne Folgen: In Heidelberg gibt es bereits seit Jahren nur
wenige freie Flächen für gewerbliche Nutzung. 2012 verfügte die Stadt
nur noch über rund 22 Hektar sofort verfügbare Fläche - ein
historisch niedriges Niveau war erreicht, so die Experten der CIMA
und des Deutschen Instituts für Urbanistik. Wenn sich die
wirtschaftliche Entwicklung Heidelbergs in den kommenden Jahren
fortsetzt, zeichnet sich bis zum Jahr 2025 ein zusätzlicher Bedarf an
Wirtschaftsflächen von mehr als 70 Hektar ab.
Schon heute kann die Stadt Heidelberg laut eigenen Angaben viele
Anfragen nicht bedienen. Durch den Mangel an freien, geeigneten
Wirtschaftsflächen sind Stadtplaner, Politiker und
Wirtschaftsförderer darauf angewiesen, besonders auf die Qualität der
Unternehmen zu achten. Ansiedeln sollen sich vor allem Unternehmen,
"die wenig Fläche brauchen, dabei aber eine hohe Arbeitsplatzdichte
aufweisen", sagt Ulrich Jonas, Leiter der städtischen
Wirtschaftsförderung.
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Die Heidelberger Bahnstadt: Eines der größten
Stadtentwicklungsprojekte Deutschlands
Wenige Gehminuten vom Hauptbahnhof entfernt entsteht ein neues
Wissensquartier: die Heidelberger Bahnstadt. Das Besondere: Der
Stadtteil umfasst Wissenschaft und Wirtschaft genauso wie Wohnraum
und Kultur. 12.000 Menschen werden hier künftig leben, forschen und
ausgehen. Herz des Quartiers ist der Campus, Forschungsinstitute und
wissensintensive Unternehmen. Dazu entstehen Wohnquartiere,
Geschäfte, zwei städtische Kitas, eine Grundschule, Spielplätze,
Grünanlagen, eine Kulturhalle und ein Kino. Die Bahnstadt bietet
damit eine Mischung, wie sie sich seit Jahrhunderten in den
Altstädten europäischer Universitätsstädten bewährt. In den
vergangenen Jahrzehnten dagegen war die Stadtentwicklung in eine
andere Richtung gegangen. Die Funktionen wurden getrennt in
Wohnsiedlungen, Gewerbegebiete und Freizeitanlagen. "Wir dachten
daran, dass wir hier einen der dynamischsten und aktivsten Orte für
wissenschaftliche Zusammenarbeit in ganz Europa schaffen können, ein
Hotspot für Entdeckungen und Innovation", erklärt Dr. Henry Jarecki.
Der amerikanische Unternehmer ist seit vielen Jahrzehnten Heidelberg
freundschaftlich verbunden und hat über die Max-Jarecki-Stiftung 60
Millionen Euro für den Bau der SkyLabs zur Verfügung gestellt.
SkyLabs bietet 19.000 Quadratmeter an Büros und Laborflächen für
Unternehmen und Institutionen aus dem Bereich der
Lebenswissenschaften. Rund zwei Milliarden Euro, so Schätzungen,
werden in den neuen Stadtteil investiert. Partner der Stadt ist die
Entwicklungsgesellschaft Heidelberg (EGH), die einen Großteil der
Flächen entwickelt und vermarktet. Mit 116 Hektar ist das Areal
größer als Heidelbergs Altstadt. "Das Konzept der Bahnstadt geht voll
auf", freut sich Heidelbergs Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner.
"Wir setzen mit der Bahnstadt auf eine nachhaltige Stadtentwicklung,
in puncto Wissensquartier genauso wie beim Klimaschutz oder der
Familienfreundlichkeit. Das wird ganz offensichtlich honoriert: Die
Entwicklung liegt zwei Jahre vor Plan."
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