(ots) - Sprachlos nach Schlaganfall - ein Schicksal, das
viele Patienten trifft. Weitgehend unbekannt ist, dass eine so
genannte Aphasie sich unterschiedlich auf gesprochene Sprachen
auswirken kann. Darauf weist die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe
anlässlich des Internationalen Tags der Muttersprache am Beispiel
eines spanischen Einwanderers hin.
Antonio Rodriguez kam 1970 als junger Mann nach Deutschland.
Schnell erlernte er die deutsche Sprache, sprach sie fortan fließend
neben seiner Muttersprache. Das änderte sich schlagartig im Juni
2005, als er im Alter von 53 Jahren unvermittelt einen schweren
Schlaganfall erlitt. Die Folge waren eine halbseitige Lähmung und
eine Aphasie. Diese hat sich bald zurückgebildet, jedoch nur in
seiner Muttersprache. "In Deutsch spricht er bis heute kaum mehr als
ja und nein," berichtet Ehefrau Ana.
Aphasie ist eine der häufigsten Folgen des Schlaganfalls. Rund ein
Drittel der jährlich 270.000 Schlaganfall-Betroffenen hat mit
Sprachverlust zu kämpfen. Besonders schwierig ist die Erkrankung für
Menschen, die mehrere Sprachen sprechen, so wie Antonio Rodriguez.
"Ein ganz typisches Schicksal," meint Holger Grötzbach, Autor des
Lehrbuchs "Aphasie - Wege aus dem Sprachdschungel" und Leiter der
Sprachtherapie in der Asklepios-Klinik Schaufling. "Die Fremdsprache
ist störanfälliger als die Muttersprache".
Offensichtlich werden Sprachen nicht zwangsläufig in denselben
Hirnarealen gespeichert. Dort, wo die Muttersprache "beheimatet" ist,
ließen sich in der Regel stärker ausgeprägte Synapsen nachweisen.
Grötzbach sieht die entscheidende Ursache dafür in der emotionalen
Bindung zur Sprache. "Die besteht in der Regel zur Muttersprache,
weil sie mit der Biografie und vielen Erinnerungen verbunden ist."
Schlaganfall-Betroffene mit Migrationshintergrund stellt dies vor
besondere Herausforderungen. Droht durch körperliche und psychische
Beeinträchtigungen ohnehin schon die Isolation, wird die Situation
durch mangelnde Kommunikationsfähigkeit weiter verschärft. Beide
Sprachen wieder voll zu erlernen, wird für die meisten eine Utopie
bleiben. Sprachtherapie konzentriert sich stets auf eine Sprache, um
die Entwicklung einer "Mischsprache" zu vermeiden. "Da bietet die
Muttersprache das größere Rehabilitationspotenzial," erklärt
Grötzbach. Der Integrationsgedanke muss in diesem Fall zurückstehen,
um den Patienten nicht völlig zu isolieren.
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