(ots) - Vor der Parlamentswahl in Italien am 24. und 25.
Februar ruft Reporter ohne Grenzen die Spitzenkandidaten dazu auf,
sich für unabhängigen Journalismus einzusetzen. "Im Gegensatz zur Ära
Berlusconi hat der Rundfunk in Italien im vergangenen Jahr an
Vielfalt und Qualität gewonnen", sagte ROG-Geschäftsführer Christian
Mihr. Damals hatte die enge Verflechtung von Medien, Politik und
Wirtschaft ausgewogene Berichte nahezu unmöglich gemacht. "Die
Ankündigung von Mario Monti und Pier Luigi Bersani, im Falle ihrer
Wahl Journalisten bei Interessenkonflikten mit Eigentümern oder
Politikern durch neue Gesetze zu stärken, ist ein Schritt in die
richtige Richtung", so Mihr.
Auf dem italienischen Radio- und Fernsehmarkt herrscht eine im
europäischen Vergleich enorme Konzentration. Landesweite Sender
gehören entweder zur staatlichen Rundfunkgesellschaft RAI oder zur
Unternehmensgruppe Mediaset von Silvio Berlusconi, der bis November
2011 regierte und sich nun erneut zur Wahl stellt. Gesetze, die
Monopole oder die politische motivierte Vergabe von Posten im
staatlichen Rundfunk beschränken, fehlen bisher. Ministerpräsident
Monti brach jedoch im vergangenen Jahr mit der herkömmlichen Praxis,
als er ohne Absprache mit den Parteien politisch unabhängige
Führungskräfte für das Staatsfernsehen nominierte. Präsidentin von
RAI wurde die ehemalige Vize-Generaldirektorin der Banca d'Italia,
Anna Maria Tarantola, Generaldirektor der 51-jährige Luigi Gubitosi,
ebenfalls ein Bankmanager.
Neben politischen Abhängigkeiten schränken vor allem Mafia-Gruppen
die Arbeit italienischer Journalisten ein. Wer über ihre Aktivitäten
berichtet, muss mit Drohungen oder Gewalt rechnen. Etwa ein Dutzend
Journalisten lebt deshalb unter Polizeischutz - zum Teil seit Jahren,
wie etwa Roberto Saviano, Lirio Abbate und Rosanna Capacchione.
Reporter ohne Grenzen zählt die italienischen Mafia-Banden seit 2009
zu den größten Feinden der Pressefreiheit weltweit
(http://bit.ly/QjNcyI).
Nicht zuletzt verhindern auch die prekären Arbeitsbedingungen
freier Journalisten fundierte investigative Berichte. Die Honorare,
die freie Reporter für einen Text erhalten, betragen häufig weniger
als 20 Euro und liegen damit teilweise unter dem Lohn von
Erntearbeitern. Tiefgehende oder langfristige Recherchen sind dadurch
oft kaum möglich. Der Selbstmord des Journalisten Pierpaolo Faggianos
warf im November 2011 ein tragisches Schlaglicht auf diese
Verhältnisse.
Auf der ROG-Rangliste der Pressefreiheit nimmt Italien einen der
schlechtesten Plätze in Europa ein. Auf Rang 57 steht es hinter
Ungarn, Moldawien und Rumänien. Schlechter wird die Situation nur
noch in Griechenland und Bulgarien bewertet (http://bit.ly/11eL4QV).
Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska / Christoph Dreyer
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