(ots) - Weckruf aus Rom
Es ist, als hätten die Italiener die Uhren in Europa
zurückgedreht. Nach der Wahl, die zu einem Patt zwischen
reformbereiten Politikern und chaotischen Populisten geführt hat,
geht plötzlich wieder Angst um, Angst vor einer Verschärfung der
Euro-Schuldenkrise. Erste bittere Folgen an den Aktienmärkten sind
schon zu spüren. Es werden nicht die letzten sein. Auch die
Stabilität des Euros steht auf dem Spiel, wenn die drittgrößte
Volkswirtschaft der Euro-Zone in eine lang anhaltende Regierungskrise
schlittert.
Das Wahlergebnis ist mithin ein Weckruf für ganz Europa. So
wichtig es bleibt, Haushalte zu sanieren, allein durch Sparen sind
Euro und Währungsunion nicht zu retten. Das haben Italiens Wähler
deutlich gemacht: Ihr Votum für die Populisten war zugleich ein Votum
gegen die Sanierer, denen es nicht gelungen ist, positive
Perspektiven zu eröffnen. Wer aber keine Aussicht auf Besserung hat,
unterzieht sich nur unwillig einer Rosskur oder macht erst gar nicht
mit. Die Krisenmanager der Euro-Zone, allen voran Kanzlerin Angela
Merkel, sollten Lehren aus den Vorgängen in Rom ziehen. In einem Land
wie Italien, in dem die Industrieproduktion seit 2008 um 25 Prozent
gesunken und die Arbeitslosigkeit auf mehr als elf Prozent gestiegen
ist, kann man nicht einfach mit dem Rotstift durchregieren. Genauso
wichtig sind Wachstumsimpulse, damit die Menschen die Hoffnung nicht
verlieren und die Zahl der Protestwähler sinkt.
Uwe Westdörp
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