(ots) - Legal, aber ohne Moral
Erneut ist Silvio Berlusconi von einem italienischen Gericht zu
einer Haftstrafe verurteilt worden. Doch die Wahrscheinlichkeit ist
groß, dass der mehrfache Milliardär, Ex-Premier und Medienmogul
niemals als Insasse in ein Gefängnis wandern wird. Dafür ist
Berlusconi ein viel zu gewiefter Stratege. Seine Anwälte nutzen die
Lücken des Rechtsstaats geschickt aus, die Berlusconi vorausschauend
zu seinen eigenen Gunsten vergrößert hatte, als er noch regierte. Die
Verteidigung zieht nun die Verfahren in die Länge, setzt auf
Verjährung oder geht in Berufung. Kurz: Berlusconi schlägt die Justiz
mit legalen, aber moralisch äußerst fragwürdigen Mitteln.
Auch im anstehenden "Bunga-Bunga"-Prozess wird es für die Anklage
schwer, Berlusconi zu überführen. Der Vorwurf hat es für deutsche
Gemüter in sich: Laut Staatsanwaltschaft soll für die opulenten
Partys in Berlusconis Villa Arcore ein "System der Prostitution" mit
teils minderjährigen Frauen organisiert worden sein. Dass die
Italiener Berlusconi dennoch zu einem weiteren Wahlerfolg verholfen
haben, kann Empörung auslösen oder die philosophische Frage nach der
Vernunftbegabung des Menschen aufwerfen. Da mag das übrige Europa
noch so fassungslos nach Rom blicken, es ändert nichts an der
Tatsache, dass der 76-Jährige leider einen größeren Kampfgeist als
seine politischen Gegner aufweist.
Michael Clasen
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