(ots) - Wo sind sie nur, die Ungarn, die uns in der
europäischen Nachkriegsgeschichte so ans Herz gewachsen waren? Die
Ungarn, die es mit ihrem Gulasch-Kommunismus als einzige Nation im
ehemaligen Ostblock wagten, den menschenverachtenden Stalinismus zu
unterlaufen? Die Ungarn, die im Sommer 1989 mit der Zerschneidung der
Grenzzäune zu Österreich den Eisernen Vorhang zu Fall gebracht und
die Deutsche Einheit möglich gemacht haben? Weg, einfach weg. Statt
dessen verabschiedet sich das Land peu à peu aus der europäischen
Wertegemeinschaft, und Deutschland und die EU schauen hilflos zu. Es
hat schon etwas Gespenstisches, wenn unser Präsident der Freiheit,
Joachim Gauck, beim Staatsbesuch seines ungarischen Kollegen gute
Miene zum bösen Spiel macht, während das Parlament in Budapest den
Rechtsstaat aus den Angeln hebt. Die Beschneidung des
Verfassungsgerichts, der staatliche Zugriff bei der Zuweisung von
Justizfällen an bestimmte Gerichte, das Verbot von Wahlwerbung in
privaten Medien und die Einschränkung der europäischen Freizügigkeit
für Universitätsabgänger sind - jede Maßnahme für sich genommen -
ausreichend, um Ungarn mit einem Rauswurf aus der Europäischen Union
zu drohen. Und wenn die europäischen Verträge einen solchen Schritt
nicht vorsehen, dann muss die EU diesen Webfehler schleunigst
beseitigen - mit unzweideutigen Ultimaten, die nicht ausgesessen
werden können. Ein Europa des Relativismus, das gegenüber seinen
Mitgliedern nicht unmissverständlich auf der Einhaltung von Freiheit
und Rechtsstaatlichkeit besteht, schafft sich über kurz oder lang
selbst ab. Populistische und nationalistische Bewegungen haben in
Zeiten der Wirtschaftskrise schließlich an vielen Orten Aufwind.
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