(ots) - Papst Franziskus und die Macht
Wohltuend volksnah präsentierte sich das 266. Oberhaupt der
römisch-katholischen Kirche auch bei seinem offiziellen Amtsantritt
in Rom. Es ist ein schwieriger Spagat, den Papst Franziskus zu
bewältigen hat. Jede Äußerung und jede Äußerlichkeit werden
registriert. Schon ein schlichtes weißes Messgewand und schwarze
Schuhe verliehen dem erneuten Aufruf des Papstes nach Solidarität mit
den Armen und Ausgestoßenen besonderes Gewicht. Das Oberhaupt von 1,2
Milliarden Katholiken bleibt sich und seiner eigenen Identität treu.
Wasser predigen und Wein trinken, dafür steht er mit Sicherheit
nicht. Aber die Charme-Offensive des 76-Jährigen ist nur die eine
Seite der Medaille. Als Konservativer spricht er sich bislang gegen
Verhütungsmittel, die Heirat von Priestern, die Homo-Ehe oder eine
größere Rolle der Frau in der Kirche aus. Aber es gibt noch viel mehr
Baustellen. Hoffnung auf Veränderungen nährt selbst ein
Befreiungstheologe wie Leonardo Boff, der Franziskus
Entwicklungspotenzial bescheinigt. Und wenn ein deutscher
Kirchenkritiker wie Hans Küng dem Papst zugesteht, "nicht jede
Torheit der Moderne" mitmachen zu müssen, ist das schon viel. Bleibt
die Frage, ob die Kirchenverwaltung im Vatikan modernisierbar ist und
frischen Wind zulässt. Benedikt XVI. hat hier wenig bewirkt. Nur gut,
dass Franziskus als Papst die Macht dazu hat. Er muss sie nutzen in
dem Wissen, dass Macht und Ohnmacht eng beieinanderliegen.
Berthold Hamelmann
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