(ots) - Zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen in
Deutschland haben den Eindruck, dass es die Bundesregierung zu wenig
interessiert, was junge Menschen denken. Das ist das Ergebnis einer
repräsentativen Umfrage im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes
unter Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 10 und 17 Jahren.
Noch schlechter ist es um das Ansehen der Kommunalpolitik bestellt.
Hier haben nur 15 % den Eindruck, dass sich die Lokalpolitiker für
junge Menschen und deren Anliegen interessieren.
Gleichzeitig gaben lediglich 11 % der Kinder und Jugendlichen an,
dass es ausreichend Möglichkeiten für sie gibt, am Wohnort oder im
Stadtteil Einfluss zu nehmen oder sich politisch zu engagieren. Die
Umfrage zeigt auch, dass es bei Kindern und Jugendlichen ein großes
Informationsdefizit bei den Themen Mitbestimmung und Beteiligung
gibt. 44 % der Befragten wissen nicht, ob sie auf Entscheidungen vor
Ort Einfluss nehmen oder sich politisch engagieren können. Besonders
bemerkenswert ist hier, dass die Hauptinformationsquellen in dieser
Frage mit 58 % der Befragten Schule und Lehrer sind, Eltern mit 37 %
und Freunde mit 24 % nehmen demgegenüber eine nachrangige Rolle ein.
Mit großem Abstand folgen das Internet mit 14 % und Tageszeitungen
mit 12 %.
Das Interesse am politischen Engagement steigt mit zunehmendem
Alter der Kinder und Jugendlichen, allerdings nur bis zum Alter von
15 Jahren. Danach ist ein Bruch zu verzeichnen. Mitbestimmen wollen
Kinder und Jugendliche am ehesten bei ihrer Freizeitgestaltung, zwei
Drittel (66 %) sehen das als sehr wichtig oder eher wichtig an. Es
folgen Mitbestimmungsmöglichkeiten in der Schule mit 59 % und Fragen
des Umweltschutzes bzw. der Umweltpolitik mit 56 %.
"Die Politik muss auf allen Ebenen alles daran setzen, das
fehlende Vertrauen der Kinder und Jugendlichen herzustellen. Dieser
Aufgabe müssen sich Parteien, Parlamente, Regierungen und
Verwaltungen gleichermaßen stellen", betont Thomas Krüger, Präsident
des Deutschen Kinderhilfswerkes. "Gleichzeitig müssen die
Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen in Deutschland
dringend ausgebaut und strukturell verankert werden. Das Recht auf
Beteiligung ist in Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention
verbindlich festgeschrieben. Es sollte zukünftig sichergestellt sein,
dass Kinder und Jugendliche bei Entscheidungen, die ihre Interessen
berühren mitreden können. Insbesondere der Wunsch nach
Mitbestimmungsmöglichkeiten in der Schule muss ernst genommen werden
und zu Verbesserungen in den Schulgesetzen der Länder führen. Damit
stärken wir unsere Kinder und Jugendlichen, die durch Mitbestimmung
schon in jungem Alter soziale Kompetenzen entwickeln, als auch
langfristig unsere Demokratie" so Krüger weiter.
Das Interesse an einer Mitarbeit in politischen Gremien, in die
auch Jugendliche gewählt werden, oder die Mitarbeit in Parteien ist
mit 7 bzw. 9 % nur sehr schwach ausgeprägt. Aber auch die Mitarbeit
in Jugendparlamenten ist mit 10 % kaum gefragt. Wesentlich besser
sieht es hier bei der politischen Mitbestimmung durch
internetgestützte Verfahren aus, hier würden sich gerne 21 % der
Befragten engagieren. Noch besser steht es um die Mitarbeit bei
konkreten Projekten: Immerhin 25 % der Kinder und Jugendlichen würde
hier gerne aktiv werden. Beachtlich ist aber mit 50 % auch der hohe
Anteil derjenigen, die sich nicht politisch engagieren wollen.
Jugendparlamente fristen nach wie vor ein Schattendasein. 49 % der
Kinder und Jugendlichen wissen nicht, ob es in ihrem Ort ein
Jugendparlament gibt, weitere 29 % gaben an, dass es kein
Jugendparlament gibt. Dabei halten andererseits 48 % der Befragten
ein Jugendparlament für eine gute Idee, nur 13 % finden diese Form
der Mitbestimmung nicht interessant. Ähnlich verhält es sich mit
Kinder- und Jugendbüros. 73 % der Kinder und Jugendlichen wissen
nicht, ob es in ihrem Ort ein Kinder- und Jugendbüro gibt. Von diesen
Befragten halten gleichzeitig 55 % der Befragten eine solche
Einrichtung für eine gute Idee.
Um die Mitbestimmung in der Schule ist es nach Ansicht der Kinder
und Jugendlichen sehr schlecht bestellt. Nur 2 % gaben an, bei vielen
Dingen in der Schule mitbestimmen zu können. Immerhin 23 % können bei
einigen Dingen mitbestimmen, auf der anderen Seite stehen aber 20 %,
die nur bei sehr wenigen Dingen bzw. 55 %, die nach eigenen Angaben
gar nicht mitbestimmen können. Dabei beschränkt sich die
Mitbestimmung in der Schule vielerorts auf Klassensprecher- und
Schülersprecherwahlen oder die Klassenraumgestaltung und Ausflüge.
Gleichzeitig dürfen nur 8 % bei Themen von Projektwochen und nur 2 %
bei der Auswahl von Büchern, die gelesen werden, oder bei der
Ausgestaltung der Schul- bzw. Hausordnung mitbestimmen. Der Wunsch
nach Mitbestimmung in der Schule ist jedoch vorhanden: 55 % der
Kinder und Jugendlichen würden hier sehr gerne oder eher gerne
mitbestimmen. Dabei steht die Unterrichtsgestaltung mit 23 % an
erster Stelle.
Und auch in der Familie ist die Mitbestimmung nicht sehr
ausgeprägt. 48 % der Kinder und Jugendlichen gaben an, dass ihre
Eltern sie nach ihrer Meinung fragen und diese auch berücksichtigen.
Gleichzeitig werden 37 % zwar nach ihrer Meinung gefragt, jedoch
entscheiden die Eltern anschließend alleine. Und immerhin 15 % der
Kinder und Jugendlichen werden von ihren Eltern gar nicht nach ihrer
Meinung gefragt.
Für die repräsentative Umfrage zum politischen Engagement von
Kindern und Jugendlichen wurden im Auftrag des Deutschen
Kinderhilfswerkes deutschlandweit 830 Kinder und Jugendliche im Alter
von 10 bis 17 Jahren befragt. Die Umfrage wurde gefördert vom
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
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