(ots) - Kein Grund zur Euphorie
Der Konflikt im Nachbarland Syrien, in dem ethnische wie religiöse
Gruppen gegeneinander kämpfen, bringt die türkische Führung gehörig
ins Schwitzen. Plötzlich muss sie erkennen, wie dringend sie sich mit
rebellischen Minderheiten im eigenen Land beschäftigen muss, wie den
Kurden, die seit 30 Jahren für ihre Unabhängigkeit kämpfen.
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan weiß, dass das Erstarken
der Kurden in Syrien und im Nordirak auch auf die Türkei
überzuspringen droht. Ein Aufflackern der Gewalt, die schon
Zehntausende Opfer gefordert hat, will er nicht zulassen. Dafür redet
die Regierung seit Monaten sogar mit jenem Mann, den Erdogan noch vor
Jahren für seine Verbrechen hängen lassen wollte: Abdullah Öcalan,
dem inhaftierten Chef der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.
So ernst ist die Lage.
Der Aufruf Öcalans an seine Anhänger, die Waffen ruhen zu lassen,
ist zwar ein Hoffnungsschimmer, aber kein Grund zur Euphorie. Der
PKK-Chef weiß, dass Ankara unter Zugzwang steht. Deshalb unterbreitet
er in aller Seelenruhe seine Bedingungen, etwa die Verankerung der
politischen und sozialen Rechte der Kurden in der Verfassung. Doch es
ist unwahrscheinlich, dass Erdogan sich darauf einlässt. Zudem ist
ungewiss, ob Öcalans Appell wirklich alle PKK-Kämpfer erreicht, oder
ob sich einige von ihnen nicht eher vom Kampf der Kurden jenseits der
Grenzen beflügelt sehen.
Franziska Holthaus
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