(ots) - Die zweite Niederlage
Der Machtzirkel der Euro-Zone statuiert an Zypern ein Exempel. Er
zwingt das kleine Land zur Teilenteignung von Bankkunden, die ihr
Geld auf zyprischen Konten sicher wähnten. Zugleich zerschlägt er das
auf hohen Zinsen und niedrigen Steuern beruhende Geschäftsmodell des
Landes.
Nie zuvor hat eine europäische Institution so hart in die
wirtschaftlichen Belange eines EU-Mitglieds eingegriffen. Muss das
betroffen machen?
Sicher nicht des russischen Geldadels wegen, der auf der Insel
steuergünstig große Vermögen dem Zugriff Moskaus entzieht. Ebenso
wenig Mitgefühl gebührt den Erfindern und Profiteuren des zyprischen
Geschäftsmodells in der dortigen Finanzbranche. Deren Praktiken sind
vielen europäischen Regierungen seit Langem ein Dorn im Auge, führen
sie doch zu Steuerausfällen auch in der EU. Zyperns Notlage bietet
seinen Kritikern jetzt die günstige Gelegenheit, eine dreiste
Steuerpolitik zu beenden, für die in der Euro-Zone kein Platz ist.
Kann man sich darüber freuen? Nein, denn die Enteignungen
vermitteln den Eindruck eines unberechenbaren, vor nichts
zurückschreckenden Euro-Regimes. Die ersten Leidtragenden werden
einfache zyprische Bürger sein. Denn bricht das Bankengeschäft weg,
droht dem Land eine tiefe Rezession.
Das Griechenland-Debakel war die erste große Niederlage der
Währungsunion. Zypern ist die zweite.
Christian Schaudwet
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