(ots) - Richter in der Pflicht
Das Oberlandesgericht München will juristisch alles richtig machen
beim NSU-Prozess - und handelt dennoch bei der Platzvergabe für
Journalisten ungeschickt und unsensibel. Niemand zweifelt daran, dass
die Richter die Regeln des Rechtsstaats einhalten und die Sicherheit
garantieren müssen. Verständlich ist auch die Sorge des Gerichts,
mutmaßlichen Tätern und ihren Anwälten einen Grund für ein
Revisionsverfahren zu liefern, etwa wegen eines Formfehlers. Das wäre
eine weitere Panne, nachdem im Umgang deutscher Sicherheitsbehörden
mit der rechtsextremen Terrorzelle NSU schon viel zu viel falsch
gelaufen ist.
Doch juristisch formal korrekt zu handeln, das ist bei diesem
außergewöhnlichen Strafverfahren notwendig, aber längst nicht
hinreichend. Angesichts der NSU-Mordopfer haben türkische und
griechische Journalisten ein besonderes Interesse an
Berichterstattung aus erster Hand. Als der Schweizer Wettermoderator
Jörg Kachelmann angeklagt war, hat das Gericht Belange Schweizer
Medien berücksichtigt.
Ein ähnliches Vergabeverfahren sollte jetzt erst recht möglich
sein. Daher sind die Münchner Richter in der Pflicht, mit allen
Mitteln doch noch eine praktikable und gleichzeitig juristisch
saubere Lösung zu finden. Zwar handelt es sich nicht um einen
politischen Prozess, aber mit Politik hat er dennoch sehr viel zu
tun.
Christof Haverkamp
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