(ots) - Solange es noch geht
Auschwitz ist nicht nur ein Teil der deutschen Geschichte. Es ist
auch Teil der persönlichen Biografie von Menschen, die bis heute
leben. Menschen, die die Gefangenschaft in den Konzentrationslagern
Nazi-Deutschlands überlebt haben. Die das ihnen zugefügte Leid und
das, was sie bei anderen mit ansehen mussten, ihr Leben lang in sich
tragen. Es sind nicht mehr viele, aber noch sind sie da.
Dasselbe gilt für die Täter. Die einstigen Wachleute, denen jetzt,
so viele Jahrzehnte später, der Prozess gemacht werden soll, haben
ein Leben in Freiheit hinter sich. Fast 70 Jahre konnten sie sich
juristisch darauf ausruhen, dass sie als Befehlsempfänger angeblich
keine Verantwortung trugen für das Grauen von Auschwitz. Dank des
Urteils gegen den KZ-Wachmann John Demjanjuk nützt ihnen diese
Strategie nun womöglich nicht mehr: Sie könnten allein deshalb, weil
sie Teil des Tötungssystems waren, als mitschuldig verurteilt werden.
Dieser Wandel in der Einschätzung kommt eigentlich viel zu spät.
Trotzdem ist es wichtig, die Prozesse zu führen, solange es noch
geht. Denn die Tatsache, dass Millionen europäischer Juden
systematisch verfolgt und ermordet wurden, wirkt eben nicht nur als
Teil der Geschichte in unserer Gesellschaft nach, sondern hat bis
heute konkrete Folgen für konkrete Menschen. Und selbst wenn die
jetzt noch erreichbare Gerechtigkeit spät und winzig daherkommt: Die
Opfer haben ein Recht darauf. Und die deutsche Justiz hat die
Pflicht.
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