(ots) - Das "Wir" soll es richten
Guido Westerwelles SED-Vergleich war ein bisschen böse, aber nicht
ohne Witz. Und mit einem wahren Kern. Denn die Sozialdemokraten
betrachten den Staat als Segen spendende und schützende Kraft in
allen Lebenslagen. Derart demonstrativ und zwangsvereinnahmend aufs
"Wir" setzt ansonsten nur die Linkspartei. Beide wollen den Einzelnen
und seine Freiheit entsprechend reglementieren. Mit ihrem gezielten
Linksrutsch gelang es der SPD ja auch, die echten SED-Nachfolger
zumindest im Westen wieder zurückzudrängen.
Inwieweit die sozialdemokratische Lesart von "Gerechtigkeit" für
die Bundestagswahl trägt, bleibt freilich offen. Bisher zog sie
nicht, zumal sie zum Image des Spitzenkandidaten nur bedingt passen
wollte. Immerhin scheinen sich die Genossen und Peer Steinbrück am
Wochenende versöhnt zu haben. Kein Wunder, verspricht er dem "Wir"
doch inzwischen viel auf Kosten Einzelner. Vermietern will er Preise
vorschreiben. Gutverdiener sollen trotz staatlicher Rekordeinnahmen
mehr Steuern zahlen. Und nach seinem Meinungsschwenk will Steinbrück
nun trotz aller Risiken auch höhere Löhne verordnen.
Vielleicht gelingt es der SPD noch, an ihre jüngsten Erfolge in
den Ländern anzuknüpfen und die merkwürdige Kluft zum Bund zu
schließen. An einem Punkt beißen sich die Genossen indes die Zähne
aus: der ungemeinen und weiter steigenden Beliebtheit der Kanzlerin.
Aus den scharfen Attacken gegen Angela Merkel sprach in Augsburg auch
Frust.
Burkhard Ewert
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