(ots) - Das schwere Erbe des Comandante
Unter den Sozialisten in Venezuela dürfte nun das große
Fracksausen losgehen. Ihr Spitzenkandidat Nicolás Maduro, ein
Günstling des verstorbenen Staatschefs Hugo Chávez, hat die
Präsidentenwahl offenbar nur hauchdünn gewonnen. Der Sieg gegen
seinen konservativen Herausforderer Henrique Capriles ist eine
gefühlte Niederlage.
Denn das Kalkül des Chávez-Vertrauten, die Trauer um den
Comandante in Wählerstimmen umzumünzen, ist gescheitert. Statt auf
der politischen Ãœberholspur ist der Ex-Busfahrer im System-Stau.
Chávez hat ein schweres Erbe hinterlassen: Grassierende Korruption,
die Kluft zwischen Arm und Reich, ein Staat am Tropf der Öleinnahmen
und Angst vor Kriminalität lähmen das Land an der Karibik.
Maduros Mandat dauert bis 2019. Eigentlich. Schon jetzt ist jedoch
abzusehen, dass die Fußstapfen seines Ziehvaters zu groß für ihn
sind. Ihm fehlt das Charisma. Und anders als Chávez vermag er nicht,
Versäumnisse durch populistische Rhetorik zu kaschieren. Zudem hat er
kaum Rückhalt beim Militär und in der eigenen Partei. Sein schärfster
parteiinterner Konkurrent, Parlamentspräsident Diosdado Cabello,
fordert nach der Wahl bereits Selbstkritik. Eine klare Kampfansage.
Maduro tut gut daran, auf die Forderung der Opposition einzugehen,
die Stimmen neu auszuzählen. Denn eine auf Zweifel gebaute Amtszeit
ist zum Scheitern verurteilt. Das ölreiche Venezuela, der Mäzen des
Kontinents, blickt in eine äußerst ungewisse Zukunft.
Klaus Jongebloed
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