(ots) - Anlässlich der Konferenz der Amtschefs der
Justizministerien am 24./25. April, die sich mit der Ausstattung der
Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter befassen wird, empfiehlt
das Deutsche Institut für Menschenrechte, die Ressourcen für die
Nationale Stelle in Wiesbaden erheblich zu erhöhen und die
Ausgestaltung der Stelle grundsätzlich zu reformieren.
"Die Nationale Stelle kann derzeit ihre Aufgabe, Misshandlungen
durch regelmäßige unangemeldete Besuche in allen Haft- und
Gewahrsamseinrichtungen in Deutschland vorzubeugen, nicht annähernd
erfüllen", erklärte Petra Follmar-Otto, Leiterin der Abteilung
Menschenrechtspolitik Inland/Europa des Instituts. "Deutschland
vergibt damit innenpolitisch die Chance, strukturelle Missstände in
den Bereichen Strafvollzug und Untersuchungshaft,
Gewahrsamseinrichtungen der Polizei, Jugendstrafvollzug und
Jugendarrest, Abschiebungshaft, Haft- und Arresteinrichtungen der
Bundeswehr, Freiheitsentzug in der Psychiatrie ebenso wie im Kontext
von Alten- und Pflegeheimen oder Einrichtungen für behinderte
Menschen und der geschlossenen Unterbringung von Kindern und
Jugendlichen durch Transparenz und unabhängige Kontrolle
entgegenzuwirken und Verbesserungsvorschläge zu entwickeln.
Außenpolitisch setzt Deutschland angesichts der scharfen Kritik
internationaler und europäischer Menschenrechtsgremien seine
Glaubwürdigkeit aufs Spiel, wenn es von anderen Staaten ein
entschiedenes Vorgehen gegen Folter fordert", so Follmar-Otto,
Autorin des heute veröffentlichten Papiers "Die Nationale Stelle zur
Verhütung von Folter fortentwickeln!".
Mit der Ratifikation des Zusatzprotokolls zur
UN-Anti-Folterkonvention hatte sich Deutschland 2008 verpflichtet,
eine Stelle zur wirksamen unabhängigen Kontrolle aller Haft- und
Gewahrsamseinrichtungen als "Nationalen Präventionsmechanismus"
einzurichten.
Zuletzt besuchte vom 8. bis 12. April 2013 der UN-Unterausschuss
zur Verhütung von Folter und Misshandlung (SPT) Deutschland. Er wird
der Bundesregierung in den nächsten Wochen einen Bericht zur
Bewertung der Ausgestaltung und Arbeit der Nationalen Stelle zur
Verhütung der Folter vorlegen.
Die Nationale Stelle besteht derzeit aus fünf ehrenamtlichen
Mitgliedern, die von einem kleinen hauptamtlichen Sekretariat
unterstützt werden. Sie verfügt über ein Jahresbudget von 300.000
Euro. Bezogen auf die Einwohnerzahl und die Zahl von Haft- und
Gewahrsamseinrichtungen sind die Nationalen Präventions-mechanismen
in Frankreich, Österreich und der Schweiz mehr als zehnmal größer als
in Deutschland.
Die Publikation stellt die Fortentwicklungsbedarfe der Nationalen
Stelle dar, um ein effektives System unabhängiger präventiver Besuche
in Haft und Gewahrsamseinrichtungen in Deutschland zu gewährleisten.
Neben Ressourcenfragen behandelt das Papier auch Fragen der
Ausgestaltung der Stelle, insbesondere ihre Unabhängigkeit, die
Transparenz des Besetzungsverfahrens, die Gewährleistung von
Multidisziplinarität und Vielfalt und die Klarstellung von
Befugnissen. Es zeigt Befunde auf, die über Einzelfälle hinaus auf
strukturelle Problemfelder in Haft- und Gewahrsamseinrichtungen in
Deutschland hinweisen. Mit dem Papier schlägt das Institut einen
konkreten stufenweisen Umsetzungsplan für die Fortentwicklung der
Nationalen Stelle vor, darunter im ersten Schritt eine Verdreifachung
des Budgets und die Veränderung der bislang rein administrativen
Besetzungsverfahrens.
Petra Follmar-Otto (2013): Die Nationale Stelle zur Verhütung von
Folter fortentwickeln! Zur völkerrechtskonformen Ausgestaltung und
Ausstattung. Policy Paper Nr. 20, Deutsches Institut für
Menschenrechte, Berlin. http://ots.de/nVLe9
Pressemitteilung SPT April 2013: UN experts and German Agency for
the Prevention of Torture join efforts to bolster prevention of
torture and ill-treatment. http://ots.de/vyzTf
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