(ots) - Anlässlich des 4. Norddeutschen Wirtschaftstages
der fünf norddeutschen Landesverbände des Wirtschaftsrates heute in
Bremerhaven, erklärt das Landesvorstandsmitglied im Wirtschaftsrat
Schleswig-Holstein, Jens Broder Knudsen: "Maritime
Verkehrsinfrastruktur seit Jahrzehnten auf Verschleiß gefahren"
"Die maritime Verkehrsinfrastruktur ist seit Jahrzehnten auf
Verschleiß gefahren worden. Die chronische Unterfinanzierung des
Verkehrsetats trifft in besonderem Maße die deutsche maritime
Wirtschaft. Die Instandhaltung von Häfen, der seewärtigen Zufahrten
und Hinterlandanbindungen ist teuer und erst langfristig wirksam.
Jeder weitere Kollaps des Nord-Ostsee-Kanals verlagert die maritimen
Handelsströme weg von Norddeutschland hin zu konkurrierenden
Umschlagplätzen etwa ins benachbarte Rotterdam oder nach Antwerpen",
sagt Jens Broder Knudsen, Landesvorstandsmitglied im Wirtschaftsrat
Schleswig-Holstein und Koordinator für die Aktivitäten zur maritimen
Infrastruktur der fünf nördlichen Landesverbände des Wirtschaftsrates
anlässlich des 4. Norddeutschen Wirtschaftstages in Bremerhaven.
"Wenn das maritime Getriebe unserer deutschen Im- und
Exportwirtschaft aussetzt, kommt auch der Motor in Süddeutschland ins
stottern", so Knudsen, Geschäftsführender Gesellschafter der Satori &
Berger weiter. Das belege auch die aktuelle OECD-Studie 12/06 zur
Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens. Logistisch gut angebundene
Hafenstandorte fördern dagegen die Entstehung maritimer
Dienstleistungszentren, ziehen produzierendes Gewerbe, Tourismus und
Gastronomie an und strahlen dabei weit ins Hinterland Wertschöpfung
und Beschäftigung aus. Im gesamtdeutschen Interesse braucht die
maritime Infrastruktur in Norddeutschland dringend ein Sofortprogramm
zur Ertüchtigung ihrer Häfen, Wasserstraßen, Hinterlandanbindungen.
Denn die Transportmengen im Seehafenhinterlandverkehr werden
fortgesetzt überproportional wachsen. Dies muß im neuen
Bundesverkehrswegeplan 2015 berücksichtigt werden. Dieser sollte bei
den Maßnahmen des "Vordringlichen Bedarfs +" zukünftig einen festen
Zeitplan für die Realisierung verankern.
Die fünf norddeutschen Landesverbände des Wirtschaftsrates
fordern:
- Der Nord-Ostsee-Kanal als Lebensader der deutschen Nordseehäfen
in den Ostseeraum braucht eine gesetzlich gesicherte Zusage für ein
Sonderausbauprogramm von 1,3 Milliarden Euro bis zum Jahr 2025.
- Eine verbesserte Bahnanbindung des Jade-Weser-Port an das
Ruhrgebiet ist dem Ausbau einer Schnellverbindung von Duisburg nach
Rotterdam vorzuziehen.
- Der Ausbau der Autobahnen A20 und A26 muß zudem drastisch
beschleunigt werden, insbesondere wenn die A7 durch Hamburg zehn
Jahre lang durch Baustellen stark beeinträchtigt sein wird. Durch
öffentlich-private Partnerschaften wäre dies mit zusätzlichen Mitteln
einschließlich der Elbquerung in sechs Jahren umsetzbar.
Ohne diese Perspektiven wird das maritime deutsche
Logistikgetriebe ins Stocken geraten, ist Knudsen überzeugt. Nicht
nur die norddeutschen Seehäfen, sondern auch die industriellen
Motoren in West- und Süddeutschland würden erheblich in
Mitleidenschaft gezogen.
Zudem werden für den Erhalt bereitgestellte Haushaltsmittel zu
Gunsten prestigeträchtiger Neubauvorhaben umgewidmet, mit der Folge
einer zusehends leidenden Bestandsinfrastruktur mit schleichendem
Substanzverzehr, klagen die Vertreter des Wirtschaftsrates. Weil für
den Erhalt nicht ausreichend Mittel zur Verfügung stehen und diese
aufgrund der bestehenden Strukturen nicht mit der nötigen Effizienz
eingesetzt werden, büßt Deutschland jeden Tag etwa 13 Millionen Euro
seiner Infrastrukturwerte ein. Dies hat die Arbeitsgruppe
Verkehrsinfrastruktur des Wirtschaftsrates errechnet. "Diesen
immensen Verlust volkswirtschaftlichen Vermögens gilt es zu stoppen",
sagt Knudsen.
Der Wirtschaftsrat fordert daher:
1. Zweckbindung der Finanzmittel, um die Mittel dort einzusetzen,
wo sie gebraucht werden. In einem ersten Schritt gesetzliche
Zweckbindung der zur Verfügung stehenden Mittel für Erhalt und
Betrieb der Verkehrsnetze von Straße, Schiene und Wasserstraße auf
Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene.
2. Einrichtung von Finanzierungskreisläufen, um die Überjährigkeit
der Finanzmittel sicherzustellen und die Verkehrswegefinanzierung von
haushalterischen Schwankungen abzukoppeln. Die daraus entstehende
Planungssicherheit und der dann konstante Mittelfluß werden
maßgeblich dazu beitragen, bestehende Ineffizienzen im System der
Infrastrukturfinanzierung zu beseitigen. Denkbare Instrumente zur
Einrichtung solcher Finanzierungskreisläufe liegen etwa in Leistungs-
und Finanzierungsvereinbarungen - wie sie im Bereich der Schiene
bereits bestehen und vom Wirtschaftsrat für die Straße entwickelt
wurden - oder auch in Fondslösungen. Derartige Modelle stellen
zugleich eine hohe Transparenz über die Mittelverwendung sicher.
3. Netzzustands- und Leistungsbericht als Entscheidungsgrundlage
für die Verkehrsinvestitionen: Dieser Bericht muß die Ergebnisse und
die Verfügbarkeit der Verkehrsinfrastruktur dokumentieren. Um seine
politische Wirkung zu erhöhen, sollte er so verständlich wie möglich
formuliert sein, um auch Nicht-Verkehrspolitikern die entscheidenden
Aussagen schnell und eingängig zu verdeutlichen.
Der Wirtschaftsrat ist davon überzeugt, daß wenn in Deutschland
nicht die grundlegenden Strukturen für die Infrastrukturfinanzierung
angegangen werden, auch mehr Geld nicht dafür sorgen wird, dass sich
der Zustand der Straßen, Schienen und Wasserstraßen verbessert.
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