(ots) - Reporter ohne Grenzen fordert Bundespräsident
Joachim Gauck auf, sich bei seinem Staatsbesuch in Kolumbien in
dieser Woche für einen besseren Schutz von Journalisten vor
Polizeigewalt und vor Angriffen bewaffneter Gruppen einzusetzen.
Ungeachtet der Friedensgespräche zwischen der Regierung und der
Rebellenorganisation Farc sind Berichterstatter in dem Land immer
wieder massiven Drohungen und Angriffen ausgesetzt, die von
unterschiedlichen Konfliktparteien ausgehen. "Die kolumbianischen
Behörden müssen Drohungen und Angriffe gegen Journalisten zügig
untersuchen und verfolgen", forderte ROG-Geschäftsführer Christian
Mihr.
Erst vergangene Woche schossen Unbekannte auf das Auto des
Investigativreporters Ricardo Calderón, der für das
Nachrichtenmagazin Semana arbeitet. Calderón berichtete anschließend,
die Angreifer hätten ihn vor den Schüssen namentlich angesprochen.
Der Journalist entkam unverletzt und steht nun unter Polizeischutz.
Er hat wiederholt Skandale aufgedeckt und berichtete zuletzt über
luxuriöse Haftbedingungen für Militärs, die wegen
Menschenrechtsverletzungen in Haft sind. (http://hrld.us/12J85r4 und
http://bit.ly/131DAPC)
Im Januar wurden mehrere Journalisten in einer Küstenregion im
Nordwesten des Landes bedroht, die als Hochburg des organisierten
Verbrechens gilt. Der Kriminalreporter Amilkar Alvear und der
Fotograf Jairo Cassiani von der Zeitung Al Día erhielten per Brief
Todesdrohungen von der Verbrechergruppe Los Urabeños, die von ROG zu
den "Feinden der Pressefreiheit" gezählt wird.
(http://bit.ly/105Ykpf) In den Briefen forderte die Gruppe die beiden
Journalisten auf, die Stadt Montería binnen 48 Stunden zu verlassen,
weil sie zu viel über Los Urabeños gesprochen hätten. Beide haben
verschiedentlich über Festnahmen von Mitgliedern der Gruppe
berichtet. (http://en.rsf.org/colombia-wave-of-threats-against-01-02-
2013,44012.html)
Zahlreiche Journalisten wurden im Februar und März von
Bereitschaftspolizisten angegriffen, während sie über einen Streik
von Kaffeebauern in den Departements Huila und Tolima berichteten. So
wurden in Huila drei Mitarbeiter des Senders Radio Garzón verletzt,
als die Polizei Tränengasgranaten in ihren Redaktionsräumen zündeten,
in denen Bauern Zuflucht vor Angriffen gesucht hatten. Eine der
Verletzten war die im siebten Monat schwangere Luz Ángela Rodriguez,
die anschließend stationär im Krankenhaus behandelt werden musste.
Der Radiosender musste wegen der schweren Schäden an seiner
Ausrüstung den Sendebetrieb unterbrechen. Am selben Tag griffen
Beamte der Nationalpolizei in Huila zwei Fernsehjournalisten der
Sender TV Caracol und RCN Televisión verbal und tätlich an und
beschädigten ihre Ausrüstung. (http://bit.ly/X46gJ7)
Am 27. November 2012 starb der freie Journalist Guillermo Quiroz
Delgado an den schweren Verletzungen, die er eine Woche zuvor beim
Sturz von einem Polizeifahrzeug in San Pedro im Departement Sucre
erlitten hatte. Quiroz hatte dort über Proteste gegen einen
Energiekonzern berichten wollen und wurde wegen angeblich nicht
ordnungsgemäßer Papiere seines Motorrads angehalten. Umstritten ist,
warum er dann in den Polizeiwagen geladen wurde und was dort vorfiel.
(http://bit.ly/RwxqVW)
Auch während der Berichterstattung über die "Nationale Woche der
Entrüstung" im Oktober 2012 - eine Serie friedlicher Proteste für
Sozialreformen und die Einbeziehung der Zivilgesellschaft in die
Friedensverhandlungen mit der Farc - wurden mehrere Journalisten Ziel
von brutalen Angriffen der Polizei. Dem Journalisten Ernesto Mercado
von der Zeitung El Turbion etwa zerstörten Polizisten mit ihren
Schlagstöcken die Videokamera und andere Ausrüstungsgegenstände.
Guillermo Castro von der Webseite Macarenazoo nahmen Polizisten den
Presseausweis ab, als er sich weigerte, ihnen seine Aufnahmen
auszuhändigen. (http://bit.ly/S8wbKY) Solche Angriffe sind in
Kolumbien besonders bei Demonstrationen häufig.
Anlass zu anhaltender Sorge sind ferner die Einschüchterungen,
Sabotageakte und Bomben gegen nichtkommerzielle lokale Radiosender im
Departement Cauca. Diese Sender spielen dort eine wichtige Rolle für
den sozialen Zusammenhalt und die Bewahrung der Kultur der indigenen
Bevölkerung. Da sie auch deren politische Forderungen transportieren,
geraten sie häufig ins Visier der Konfliktparteien. Infolge wieder
verstärkter Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Farc im vergangenen
Sommer mussten zwei solche Sender, Voces de Nuestra Tierra in Jambaló
und Nasa Estéro in Toribío, den Sendebetrieb aussetzen.
(http://bit.ly/NjVMy6, kompletter Bericht in Spanisch:
http://bit.ly/15pdvyn)
Auf der ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht Kolumbien auf Platz
129 von 179 Ländern.
Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska / Christoph Dreyer
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