PresseKat - Flankenschutz für das Klima: Neuen Boom der Kohlekraft beenden

Flankenschutz für das Klima: Neuen Boom der Kohlekraft beenden

ID: 870949

(ots) - Wegen der Dauermisere des Europäischen
Emissionshandels fordern BUND und DUH ordnungsrechtliche Maßnahmen
gegen klimaschädliche Kohlekraftwerke - Gutachten zur Zulässigkeit
rechtlicher Optionen vorgestellt

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die
Deutsche Umwelthilfe (DUH) haben rechtliche Instrumente zur
Verhinderung des Neubaus von Kohlekraftwerken und zur Begrenzung von
Laufzeiten für bestehende Kohlemeiler untersuchen lassen. Ein von
beiden Umweltverbänden in Auftrag gegebenes Gutachten belegt, dass es
rechtlich möglich wäre, neue Anlagen zu verhindern und die Laufzeit
bestehender Anlagen zu begrenzen. Ziel einer derart forcierten
Anti-Kohle-Strategie wäre es, die nationalen Klimaschutzziele
abzusichern. Allerdings fehle bei der gegenwärtigen Bundesregierung
dazu der politische Wille. Die Umweltorganisationen reagieren mit der
Untersuchung neuer gesetzgeberischer Maßnahmen auf die andauernde
Unwirksamkeit des Europäischen Emissionshandels. Der Emissionshandel
biete derzeit offensichtlich keinen Anreiz für die
Energieversorgungsunternehmen, umzusteuern und in Klimaschutz zu
investieren. Zugleich sei eine grundlegende Reform des
Emissionshandels nicht in Sicht.

"Wenn ökonomische Instrumente wie der Europäische Emissionshandel
die erhoffte Lenkungswirkung verfehlen, stehen dem Gesetzgeber andere
ordnungsrechtliche Wege offen, um den Ausstieg aus der
Kohleverstromung und den Ausbau CO2-armer Stromerzeugungsoptionen zu
forcieren", sagte die Hamburger Rechtsanwältin und Autorin des
Gutachtens Dr. Roda Verheyen. Wie bei der Atomkraft geschehen, könne
der Staat den Zubau neuer Kohlekraftwerke sogar verbieten. Die
Politik könne auch bestimmte Effizienzkriterien bzw. CO2-Grenzwerte
pro erzeugte Kilowattstunde vorgeben, erläuterte Verheyen. Angesichts
neuer Flexibilitätsanforderungen, die konventionelle Kraftwerke




inzwischen erfüllen müssten, um die Erzeugungslücken der
fluktuierenden Erneuerbaren Energien aus Sonne und Wind
auszugleichen, sei es auch möglich, entsprechende Standards
festzuschreiben. Schließlich könnten der Bund bzw. betroffene Länder
auch den Aufschluss neuer Braunkohletagebaue verbieten, um so den Bau
neuer klimaschädlicher Braunkohlekraftwerke zu verhindern.

Nachdem das Europaparlament Mitte April die von der EU-Kommission
vorgeschlagene Notmaßnahme des so genannten Backloadings von
CO2-Zertifikaten scheitern ließ, liegt der einst als Königsweg für
den Klimaschutz gefeierte Handel mit Emissionszertifikaten nach
Überzeugung von DUH und BUND am Boden. Der Preis für CO2-Zertifikate
ist dauerhaft zu niedrig - mit verheerenden Konsequenzen für den
Klimaschutz und die Energiewende: Die Kohleverstromung ist inzwischen
so lukrativ wie lange nicht, und trotz des Booms der Erneuerbaren
Energien steigt der nationale CO2-Ausstoß wieder an, weil
Kohlekraftwerke ständig in Betrieb sind. Sogar neue Kohlekraftwerke
werden weiter errichtet. Hingegen droht flexiblen Gaskraftwerken, die
für die Energiewende dringend benötigt würden, das wirtschaftliche
Aus.

"Es gibt keinen klimaschädlicheren Energieträger als Kohle. Mit
ehrgeizigen Umweltstandards lässt sich dem Neubau von
Kohlekraftwerken ein Riegel vorschieben. Und nach und nach müssen die
bestehenden Anlagen ebenfalls abgeschaltet werden. Das ist der
konsequente Weg für das Auslaufen der klimaschädlichen
Kohleverstromung", sagte die BUND-Klimaexpertin Tina Löffelsend. Der
CO2-Zertifikatehandel werde das Kohle-Problem auf absehbare Zeit
nicht lösen. "Kohlekraftwerke haben keinen Platz in einem
erneuerbaren Energiesystem. Die Politik muss handeln und die
rechtlichen Möglichkeiten nutzen, um die Energiewende zu einem Erfolg
zu machen. Das Klima braucht Flankenschutz, Deutschland muss und kann
hier vorangehen", so Löffelsend.

Das heute vorgestellte Gutachten der Umweltverbände zeige, dass es
durchaus Möglichkeiten gebe, die nationale Stromerzeugung im Sinne
von Klimaschutz und Energiewende neu auszurichten, erklärte die
Leiterin Klimaschutz und Energiewende der DUH, Dr. Cornelia Ziehm.
"Wer jetzt weiter die Mär verbreitet, der Europäische Emissionshandel
lasse flankierende ordnungsrechtliche Möglichkeiten für eine
CO2-ärmere Stromerzeugung nicht zu, setzt sich dem Verdacht aus, dass
er die Energiewende tatsächlich gar nicht will", so Ziehm. "Eine
Selbstfesselung des Gesetzgebers gibt es nicht. Im Gegenteil eröffnet
beispielsweise die so genannte Schutzverstärkungsklausel die
Möglichkeit, auf nationaler Ebene "trotz" des Emissionshandelssystems
tätig zu werden. Wollte man das angesichts der andauernden Misere des
Emissionshandels anders sehen, plädierte man im Ergebnis für einen
Stillstand der Klimaschutzpolitik. Das wäre der Offenbarungseid der
Klimaschutzpolitik in Deutschland."

Der BUND und die DUH zeigten sich überzeugt, dass die in dem
Gutachten untersuchten Möglichkeiten zur Begrenzung der
Kohleverstromung in Deutschland bundes- und europarechtlich zulässig
sind. Die Diskussion über zusätzliche Klimaschutzinstrumente zur
Flankierung des darniederliegenden Emissionshandels müsse dringend
geführt werden. Sonst bestehe die Gefahr, dass Deutschland und Europa
ihre Klimaziele verfehlen und Deutschland keine Blaupause mehr für
den Umbau der Energieversorgung in anderen Staaten biete. Heute neu
errichtete Kohlekraftwerke, die bis über die Mitte des Jahrhunderts
hinaus betrieben werden könnten, machen einen erfolgreichen
Klimaschutz unmöglich.

Das Rechtsgutachten von Dr. Roda Verheyen sowie das kürzlich
erschienene DUH-Gutachten zur rechtlichen Zulässigkeit nationaler
CO2-Grenzwerte für dem EU-Emissionshandel unterfallende, neue
Kraftwerke finden Sie unter http://l.duh.de/dm8kn



Pressekontakt:
Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Klimaschutz und Energiewende
Deutsche Umwelthilfe e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel. 030 2400867-0, Mobil: 016094182496; E-Mail: ziehm(at)duh.de

Tina Löffelsend, Leiterin Klima und Wirtschaft
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V., Am Köllnischen Park
1, 10179 Berlin
Tel. 030 27586-433; Mobil: 0176 20067099; E-Mail:
tina.loeffelsend(at)bund.net

Dr. Roda Verheyen, Rechtsanwältin
Rechtsanwälte Günther - Partnerschaft, Mittelweg 150, 20148 Hamburg
Tel.: 040 278494-0, E-Mail: verheyen(at)rae-guenther.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse
Deutsche Umwelthilfe e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin
Tel. 030 2400867-0, Mobil: 0171 5669577, E-Mail: rosenkranz(at)duh.de


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Datum: 14.05.2013 - 10:30 Uhr
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