(ots) - Das muss bei den selbstbewussten Raiffeisen-Granden
eingeschlagen haben: Die Offshore-Affäre von Herbert Stepic hat
postwendend zu dessen Rücktritt geführt und in der Bank eine
Führungslücke hinterlassen. Einen wie Stepic, der erst als
"Außenminister" das Osteuropageschäft aufbaute und dann die
Regentschaft übernahm, ersetzt man nicht so leicht. Für den
Generaldirektor ist der Abgang bitter, doch letztlich verdient der
Schritt Respekt. In der Politik haben derartige Konsequenzen
Seltenheitswert. Und auch in der Wirtschaft bringt man solche
Zäsuren in der Regel still und leise über die Bühne, ohne die wahren
Gründe für den Führungswechsel offenzulegen. Stepic legt wert auf die
Feststellung, dass seine Immobilieninvestments Pojekt- und keine
Offshore-Geschäfte waren. Tatsächlich ist es jeder Privatperson
unbenommen, sein Geld in Wohnungen oder andere Anlagen rund um den
Globus zu stecken. Wahrscheinlich tun das auch die meisten. Letztlich
lautet die entscheidende Frage, ob die Profite ordnungsgemäß
versteuert wurden, was Stepic beteuert. Warum der Chef der
Raiffeisenbank International dann den Hut nehmen muss? Zumal die Bank
selbst auf den Britischen Jungferninseln, über die ein Investment von
Stepic lief, eine Dependance unterhält? Da haben die so auf
Bodenständigkeit Wert legenden Genossenschafter dann doch die Zeichen
der Zeit erkannt. Seit Wochen wird über Bankgeheimnis und
Steuerhinterziehung diskutiert. Und über die Rolle der
Finanzindustrie bei den Umgehungskonstruktionen für die
Abgabensünder. Gerade der grüne Riese mit seinen Moralansprüchen
konnte und kann sich keine Führungsfigur leisten, die auf der
Offshore-Leaks-Liste steht. Unabhängig von der Frage, ob Stepic ging
oder gegangen wurde: Im Ergebnis hat seine Aussage, aus Verantwortung
für Raiffeisen abzutreten, Gehalt. Kein Bankchef kann es sich heute
noch leisten, wegen moralisch fragwürdiger Praktiken dauerhaft
Schlagzeilen zu produzieren. Derer gab es in den letzten Monaten
schon viele - zu viele. Bereits die Rückzahlung eines Teils seiner
für 2012 kassierten Prämie war von keiner allzu harmonischen
Begleitmusik gekennzeichnet. Ein privates Immobiliengeschäft in
Serbien, in das die notverstaatlichte Hypo Alpe Adria und auch ein
paar Offshore-Firmen involviert waren, wurde nun zwar formal nicht
beanstandet, war aber auch nicht gerade vertrauensbildend. Generell
zeigt das Phänomen Stepic aber auch, wie schwer sich die Eigentümer
und Organe mit ihren Spitzenmanagern manchmal tun. Der Banker hatte
die Weichen schon längst wieder auf Expansion gestellt, obwohl noch
jede Menge Staatshilfen in der RBI steckt und die Kapitalausstattung
der Bank nicht allzu üppig ist und mit allerlei (legalen)
Luftbuchungen aufgebessert wurde. Mehr als Murren hinter
vorgehaltener Hand war, etwa beim Kauf der Polbank im Vorjahr, nicht
zu hören. Erst als die jüngsten Enthüllungen das Fass zum Überlaufen
brachten, hat der Sektor reagiert. Ähnlich lange wurde übrigens dem
Aderlass bei der Uniqa oder bei der Raiffeisen Holding zugesehen. Das
spricht nicht gerade für die Governance von Raiffeisen. Die Granden
haben den Spagat zwischen dezentraler Organisation und scharfer
Kontrolle nicht geschafft. Die jetzige Problemlösung mag Stepic zur
Ehre gereichen, der grüne Riese steht entscheidungsmäßig wie ein
Gartenzwerg da.
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