PresseKat - Datensicherheit ist vorrangig eine kulturelle Frage

Datensicherheit ist vorrangig eine kulturelle Frage

ID: 88323

von Dipl.-Ing. Dirk Pinnow

(firmenpresse) - Berlin, 05.05.2009. Gerne wird das Thema "Datensicherheit", also die si­chere Erhebung, Verarbeitung, Abspeicherung, Versendung und Nutzung von Informationsträgern, auf rechtliche und technische Aspekte reduziert – mit dem Ergebnis eines Unzufriedenheit stiftenden Unbehagens. An Geset­zen und Technik besteht doch nun wahrlich kein Mangel in unserer Zeit!

Wäre es nicht für eine Bürgergesellschaft des 21. Jahrhunderts zukunfts­tauglicher, vorrangig Gesetze und Verordnungen auf ihre Brauchbarkeit hin zu prüfen und dann auf ein Mindestmaß zu reduzieren, anstatt immer wieder neue Gesetze bzw. Gesetzesänderungen durch die Legislative zu peitschen, ganz so, als tagte noch das altehrwürdige 1848er-Paulskir­chenparlament und müsste erst noch eine grundlegende Rechtsordnung ge­schaffen werden?
Es lohnt sich schon, gelegentlich das "Grundgesetz" in die Hand zu neh­men und Artikel 1 (1), "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.", zu lesen, zu verstehen und danach zu handeln; so auch bei der gegenwärtigen Diskussion um die Sperrung des Zugangs zu Websites mit mutmaßlich kin­derpornographischem Inhalt.

Was vor 20 Jahren mit der DDR in der materiellen Welt scheiterte, kann doch jetzt nicht Erfolgsrezept im virtuellen Raume werden: Niemand wird ernsthaft bestreiten, dass alle menschliche Abgründigkeit sich auch im Internet spiegelt und es dort auch kriminelle und perverse Inhalte gibt, die mit keinem noch so liberalen Verständnis mehr in Einklang zu bringen sind; dagegen jetzt aber eine virtuelle Sperre als Lösung des Problems anzubieten, kann nur blinder Aktionismus sein, der das eigentliche Ziel, nämlich den realen Schutz von Kindern bzw. gar deren Rettung, aus den Augen verloren hat!

Da könnten Deutschlands Städte ja gleich auch um alle ihre Viertel mit Kriminalitätsschwerpunkten Mauern bauen, weil man sich gegenüber Glücks­spiel, Drogen-, Menschen- oder Waffenhandel ohnmächtig fühlt und diese Ohnmacht in Beton gießt. Statt also gegen die eigentlichen Kriminellen vorzugehen, werden alle Bürger, die sich diesem neuen "Sperrgebiet" auch nur nähern, unter Generalverdacht gestellt und hysterisch zu Handlangern des Verbrechens gestempelt.





Wenn die Mehrheit der Bürger dieses Landes und auch hoffentlich der den Bürgern eigentlich dienenden Behörden die Kernaussage des Artikels 1 GG (s.o.) ernst nimmt, sollte es doch wohl möglich sein, gegen die Betrei­ber von Websites mit nachgewiesen kriminellem Inhalt entschieden vorzu­gehen und sich nicht nur vor Wahlen um Rettung und Wohl der Opfer, der gequälten Kinder, nachhaltig zu bemühen.
Die Technik zur Ermittlung, Beweissicherung und Bekämpfung virtueller wie realer Kriminalität ist da. Angesichts der Milliardensummen, mit denen dieser Tage sonst so locker jongliert wird, bleibt es ein Rätsel, wieso unsere Strafverfolgungsbehörden häufig so unzureichend ausgerüstet sind.

Es ist eben eine kulturelle Frage, wie wichtig wir unsere Grundordnung nehmen, wie breit der Konsens in elementaren Fragen ist, etwa zum Umgang mit hilfsbedürftigen Menschen in unserer Gesellschaft und zur Durchset­zung der Grundrechte auf physische und psychische Unversehrtheit Schutz­befohlener. Missbrauch und Misshandlung von Menschen sind jedes kulti­vierten und zivilisierten Gemeinwesens unwürdig! Ebenso deren Instrumen­talisierung und die Aushebelung der Unschuldsvermutung. In zweifelsfrei erwiesenen Fällen könnte unser Staat sicher das Strafmaß verschärfen, wenn Leib und Leben anderer Menschen bedroht werden; aber auch die Ver­letzung der Reputation und Würde eines Menschen z.B. durch Vorverurtei­lung oder gar Vortäuschung eines Vergehens ist eine kriminelle Bedrohung der Existenz.

Im Andenken an 1989 tun wir gut daran, uns auf die bewährten Grundsätze dieses Staates zu besinnen und Aktionismus, Hysterie sowie Paranoia zu wehren und Kultur in den Alltag der Bürger, Behörden, Unternehmer und Politiker einkehren zu lassen. Das schafft dann Sicherheit und Wohlge­fühl – mit weniger Formalismus und Technik.


Dipl.-Ing. Dirk Pinnow ist Mit-Initiator und -Herausgeber von datensicherheit.de

Deutschlands umfassenden Online-Portal für Datensicherheitsfragen im privaten, beruflichen, geschäftlichen und behördlichen Umfeld.

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Datum: 07.05.2009 - 17:39 Uhr
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Freigabedatum: 07.05.2009

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